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Irmgard Bickart, geb. Popper, *1910

Unfreiwillig verzogen 1938 nach Berlin, deportiert 1943,
Ermordet in Auschwitz


Vor dem Steintor 98
Bremen-Östliche Vorstadt

Verlegedatum: 29.05.2013


Vor dem Steintor 98 - Weitere Stolpersteine:


Irmgard Bickart

Irmgard Bickart
geb. 28.6.1910 in Berlin

Über die Familie Bickart gibt es in Bremen außer der Einwohnermeldekartei keine Zeugnisse. Aus ihr lässt sich entnehmen, dass Fritz Bickart (geb. 2.12.1900 in Aachen) seit 1930 in Bremen lebte und aus Berlin zugezogen war. Zuvor war er in Aachen im elterlichen Lederwarengeschäft tätig gewesen, das 1929 in Konkurs ging. Später war er Abteilungsleiter im kaufmännischen Bereich. Am 31.8.1931 heiratete er in Berlin Irmgard Popper (geb. 28.6.1910 in Berlin), die sich am Tag nach der Hochzeit gleichfalls in Bremen anmeldete. Ihr Sohn Peter-Arnold wurde am 5.12.1932 in Bremen geboren.

Nach der Geburt ihres Sohnes zog die Familie von der Contrescarpe 197 wohl angesichts des Familienzuwachses in eine größere Wohnung in der Nordstraße 63 in Bremen-Walle um. Ab 1936 ist dann ein häufiger Wohnungswechsel zu verzeichnen, der eventuell mit der beruflichen Situation von Fritz Bickart zusammenhing. Vermutlich hatte er im Sommer 1933 seinen Arbeitsplatz verloren, denn er – der ehemalige Abteilungsleiter – hatte als Gewerbe nunmehr „Vertreter“ angemeldet. Er teilte damit das Schicksal vieler jüdischer Bürger, die aus dem "normalen" Erwerbsleben ausgegrenzt wurden und mühsam ihre Existenz ohne festes Einkommen zu sichern versuchten. Ab 1936 fanden die Bickarts immer nur kurzfristig Unterkunft bei jüdischen Vermietern (Abraham, Katz, Cohn). Am 4.5.1938 zog die Familie schließlich nach Berlin, zunächst in die Wohnung von Irmgard Bickarts Eltern, die dort in der Flensburger Str. 23 wohnten. Ob ihr Vater zu diesem Zeitpunkt noch lebte, ist nicht bekannt. Ihr letzte Adresse lautete Krefelder Straße 14 in Berlin-Moabit.

Am 29.1.1943 wurden Fritz und Irmgard Bickart mit ihrem damals 10-jährigen Sohn Peter-Arnold von Berlin in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Es war der 27. Berliner Transport, der mit knapp über 1000 Personen vom Güterbahnhof Moabit in der Pulitzstraße abfuhr. Er erreichte das Lager am nächsten Tag. 720 Personen wurden nach der "Selektion" an der Bahnrampe sogleich in den Gaskammern ermordet. Sicher waren auch die Bickarts unter ihnen, da sie ein Kind dabei hatten – und Familien mit Kindern bis zu 14 Jahren wurden von der SS nicht von der Rampe weg getrennt, weil dies zu viel Unruhe und Ärger gebracht hätte.

Wenige Monate später – am 4.3.1943 – wurde auch Elsa Popper, die Mutter von Irmgard Bickart, nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Alice Bickart (geb. 1905), Schwester von Fritz Bickart, gelang es 1939 in die USA zu flüchten.


Verfasser:
Peter Christoffersen (2023)

Informationsquellen:
StA Bremen Einwohnermeldekarte
www.sie-waren-nachbarn.de
Berliner Adressbuch
www.zeitpunkt.nrw
www.familienbuch-euregio.eu/genius/?person=662133
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Auschwitz