Sie befinden sich hier | Kapitelüberschrift  Stolpersteine Biografie
Schriftgroesse verkleinern Schriftgroesse normal Schriftgroesse vergrössern
Diese Seite ausdrucken

Grete Rosenthal, geb. Landesdorf, *1898

Ausgewiesen 1938, Polen
Ermordet in Auschwitz


Ritterhuder Straße 54
Bremen-Gröpelingen

Verlegedatum: 11.10.2013

Grete Rosenthal

Grete Rosenthal

Grete (Gitel) Rosenthal, geb. Landesdorf, wurde am 9.11.1898 in Klein-Kuntschitz (Krs. Mährisch-Ostrau) geboren. Sie war die Tochter von Bernhard Landesdorf (geb. 1872 in Kanczuga/Polen) und seiner Ehefrau Eva (geborene Horwitz, geb. 1873 in Myslowitz/Polen). Das Ehepaar hatte zwei weitere Töchter: Irma (geb. 1900) und Melanie (geb. 1903).

Familie Landesdorf war 1904 nach Bremen zugewandert. Tochter Grete beendete hier ihre allgemeine Schulausbildung, anschließend besuchte sie die gewerbliche Handelsund Haushaltsschule. Von 1914 bis 1919 arbeitete sie als Sekretärin bei der Baumwollabrechnungsstelle in Bremen.

Grete Landesdorf heiratete am 3.11.1921 in Bremen den Schneider Chaim Moses Rosenthal (geb. 1891 in Dombie/Polen). Seine Eltern waren Abraham und Liba Rosenthal (geborene Kirschstein). Das Ehepaar bezog in der Ritterhuder Straße 54 eine Wohnung. Dort wurde 1922 ihre Tochter Gertrud (Tulla) geboren. Nur drei Jahre später – am 10.9.1925 – verstarb Chaim Rosenthal. Sein Grabstein ist auf dem jüdischen Friedhof in Bremen-Hastedt erhalten geblieben.

Chaim Rosenthal, der aus einer Tuchmacherstadt kam, hatte 1924 in der Gröpelinger Heerstraße 203 ein Manufakturwarengeschäft und verkaufte Weißwaren eröffnet. Das Geschäft wurde nach seinem frühen Tod von seiner Witwe fortgeführt. Offenbar erweiterte oder änderte sie das Angebot, da sie 1925 ein Konfitürengeschäft zusätzlich anmeldete, das bis 1931 bestand.

Zwischen 1931 und 1935 wohnte Grete Rosenthal in der Nordstraße 132/134, wo auch ihre Eltern lebten. Hier eröffnete sie wieder ein Manufakturwarengeschäft unter dem Namen ihres verstorbenen Mannes. So ist es auch im Boykottaufruf der NSDAP-Kreisleitung von „auch dich geht es an“ von 1935 aufgeführt. Am 1.5.1935 wanderten ihre Eltern nach Palästina aus. Vermutlich kurz danach gab sie ihr Geschäft auf.

Von Juli 1935 bis Oktober 1938 war Grete Rosenthal Sekretärin und stellvertretende Wirtschaftsleiterin des Jüdischen Altersheims in Gröpelingen, wo sie auch mit ihrer Tochter wohnte. Else Toeplitz (Heimleiterin von 1932-1942) bezeichnete sie später als eine ihrer fähigsten Mitarbeiterinnen.

Grete Rosenthal hatte ihre polnische Staatsangehörigkeit beibehalten. Daher wurde sie am 28.10.1938 nach Polen abgeschoben (siehe Glossar Polenaktion). Dort fand sie in Bendsburg/Bedzin Arbeit als Schneiderin, wie sie auf einer vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) übermittelten Nachricht vom 16.6.1942 an ihre Eltern in Palästina berichtete. Vermutlich war sie zur Zwangsarbeit verpflichtet worden. Die letzte Nachricht, die ihre Eltern von ihr erhielten, ist datiert vom 7.5.1943. Danach verliert sich ihre Spur.

Die noch in Bendsburg wohnenden ca. 7.000 Juden wurden 1940 ghettoisiert und bis 1944 in das nur vierzig Kilometer entfernte Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Ein Transport mit ungefähr 2.000 Juden aus Bendsburg und Umgebung am 13.1.1944 ist dokumentiert. Ihre Mutter nahm an, dass auch ihre Tochter in Auschwitz ermordet wurde.

Gertrud Rosenthal, die Tochter von Grete Rosenthal, hatte sich 1937 nach Berlin abgemeldet und absolvierte eine Hachscharah-Ausbildung in Ahrensdorf. 1939 wanderte sie zu ihren Großeltern nach Palästina aus. Grete Rosenthals Vater verstarb 1943, ihre Mutter 1954 in Tel Aviv. Ihren Schwestern Irma und Melanie gelang gleichfalls die Flucht nach Palästina.

Peter Christoffersen (2019)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E9429, Einwohnermeldekartei, Broschüre „...auch dich geht es an“ AB-9997-2a

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Polenaktion"
Glossarbeitrag Auschwitz