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Karl Steger, *1903

SEIT 1931 MEHRMALS EINGEWIESEN BREMER NERVENKLINIK / „VERLEGT“ 9.12.1943 HEILANSTALT MESERITZ
ERMORDET 7.6.1944


Neckarstraße 78
Bremen-Neustadt

Verlegedatum: 19.11.2019

Karl Steger


Karl Steger wurde am 30.10.1903 als Sohn von Carl und Minna Steger geboren. Das Ehepaar bekam noch eine Tochter, Alma Minna. Nach Minna Stegers frühem Tod heiratete Carl Steger 1906 Anna Brüning, mit der er vier Kinder hatte: Eduard, Gretchen, Agnes und Marianne. Nach der Hauptschule erlernte Karl Steger den Beruf des Klempners, fand sich in dem Beruf aber nur schwer zurecht und arbeitete bald nicht mehr. Ab 1929 traten psychische Veränderungen und autistische Verhaltensauffälligkeiten auf, die sich zu einer Schizophrenie entwickelten.

Von März 1931 bis September 1932 wurde Karl Steger erstmals in der Bremischen Heil- und Pflegeanstalt in der Ellener Dorfstraße behandelt, nachdem er aufgrund seiner psychischen Erkrankung zu Hause bei den Eltern nicht mehr angemessen versorgt werden konnte. Zu den „therapeutischen Aktivitäten“ in der Klinik gehörten „Arbeitstherapie“, „Landpflege“ sowie 17 „Elektroschockbehandlungen“.

Ab 1932 nahm ihn der Vater zwischenzeitlich immer wieder aus der Klinik. Die Eltern bemühten sich, Arbeit für Karl Steger zu finden und ihn häuslich zu betreuen. 1935 wurde aufgrund seines „krankhaften Geisteszustandes“ durch das Erbgesundheitsgericht Bremen eine Pflegschaft in Gesundheitsfragen für Karl Steger bestellt und die Unfruchtbarmachung gemäß § 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. 7.1933 angeordnet. In der Begründung hieß es:

"Wenngleich sich in der mündlichen Verhandlung [...] irgendwelche Anzeichen einer Schizophrenie bei dem Patienten nicht mehr offenbart haben, so hat doch die Beweisaufnahme [...] zum Teil schon ergeben, daß tatsächlich früher deutliche Symptome dieser Erbkrankheit zu Tage getreten sind."

Karl Steger selbst äußerte in dem Verfahren, dass er sich nicht mehr als krank sähe, zukünftig arbeiten wolle und an politischen und gesellschaftlichen Dingen interessiert sei. Sein Vater bestätigte in seiner Aussage allerdings die ärztliche Diagnose. Das Gericht berücksichtigte in seiner Entscheidung auch die Tatsache, dass eine Verwandte Karl Stegers an Schizophrenie gelitten und ein anderes Familienmitglied sich das Leben genommen hatte. Der vom Erbgesundheitsgericht bestellte Pfleger verzichtete darauf, gegen den Beschluss zur Unfruchtbarmachung Rechtsmittel einzulegen. Die Sterilisation erfolgte dann am 23.11.1935 in Bremen.

Ab 1938 wurde Karl Steger mehrfach in die Bremer Nervenklinik eingewiesen; zuletzt am 17.8.1942, bevor er dann am 9.12.1943 in die Tötungsanstalt Meseritz-Obrawalde „verlegt“ wurde. Hier verrichtete Karl Steger leichte Arbeiten, war aber laut Krankenakte bereits stark von seiner Erkrankung gekennzeichnet und nur bedingt arbeitsfähig. Im August 1943 wurde er einer„Elektroschockkur“ unterzogen, die keine Besserung brachte und abgebrochen wurde. Es folgte eine Cardiazol-Behandlung, die zu Krämpfen führen konnte.

Am 7.6.1944 wurde Karl Steger im Rahmen des nationalsozialistischen Euthanasieprogramms ermordet. Als offizielle Todesursache wurde „Herzschwäche bei Grippe“ angegeben. Karl Steger wurde 40 Jahre alt.

Michael Berthold (2020)

Informationsquellen:
StA Bremen Einwohnermeldekartei
Archiv Klinikum Bremen-Ost, Krankenakte A 311/24

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Heilanstalten"