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Georg Wichmann, *1881

EINGEWIESEN 1943 NERVENKLINIK, „VERLEGT“ 9.12.1943 HEILANSTALT MESERITZ-OBRAWALDE, ERMORDET 17.1.1944


An der Kämenade 29b
Bremen-Osterholz

Verlegedatum: 30.09.2021

Georg Wichmann


Georg Wichmann wurde am 17.1.1881 in Tweelbeke bei Oldenburg geboren. Am 19.11.1905 heiratete er Frieda Bücher. 1913 zogen die Eheleute gemeinsam mit ihrem ersten Sohn von Oldenburg nach Bremen. Die Familie wohnte zunächst in der Trinidadstraße 22 in Sebaldsbrück. Am 9.12.1928 bezog die Familie An der Kämenade ein kleines Haus. In den folgenden Jahren bekamen Georg und Frieda Wichmann drei weitere Kinder.

Georg Wichmann war Arbeiter und bis 1933 bei dem Autobauer Borgward als Former beschäftigt. In jenem Jahr erlitt er einen Schlaganfall, danach wurde er nur noch als Reiniger und Fahrstuhlführer eingesetzt. Ab 1941 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand weiter. Er konnte nur noch langsam gehen und wurde von der Firma, die große Rüstungsaufträge bearbeitete und hierzu auch Zwangsarbeiter einsetzte, entlassen.

Seit Mai 1943 befand Georg Wichmann sich fortlaufend in ärztlicher Behandlung. Die häusliche Pflege überforderte seine Ehefrau. Am 11.11.1943 kam Georg Wichmann gemeinsam mit seiner Frau zur Aufnahme in die Bremer Nervenklinik. Dort wurde sein Krankheitsbild festgehalten: Der Patient habe „ziemlich wenig Antrieb und neige zum Jähzorn“. Seit einem Schlaganfall 1933 sei er „vergeßlich und weniger regsam“. In der Klinik wurde er auf die „Siechenstation“ eingewiesen. Am 7.12.1943 soll er hohes Fieber bekommen haben und in der Folge am 9. Dezember angeblich an einer „Pneumonie“ verstorben sein.

Auf dem Deckblatt seiner Krankenakte wurde als Datum der Entlassung sein angebliches Todesdatum, der 9. Dezember, vermerkt. Mit Bleistift wurde die Anmerkung „Meseritz“ hinzugefügt. Ein Stempel, wie er auf anderen Krankenakten, die nach Meseritz-Obrawalde geschickt wurden, üblich war, fehlt jedoch. Vermutlich handelte es sich bei diesem Tag um das Datum seines Abtransportes nach Meseritz-Obrawalde, der an jenem Tag aus der Bremer Nervenklinik durchgeführt wurde. Auch wenn seine Frau bei der Einlieferung in die Bremer Nervenklinik angegeben hatte, dass „keine erbliche Belastung“ vorliege, wurde er aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit und der notwendigen Pflege als „Ballastexistenz“ wahrgenommen. Sein Leben war damit nach der NS-Ideologie nicht länger von Wert, weder wirtschaftlich noch als Teil der „Volksgemeinschaft“.

Nach einer Mitteilung der Landeskrankenanstalt Meseritz-Obrawalde an die bremischen Behörden verstarb er angeblich am 17.1.1944, seinem Geburtstag. Seine Todesursache ist also aus den bisher bekannten Quellen nicht eindeutig ersichtlich. Seine sterblichen Überreste wurden zurück nach Bremen überführt und am 29.1.1944 auf dem Osterholzer Friedhof in einer Familiengrabstelle bestattet.

Jannik Sachweh (2023)

Informationsquellen:
Archiv Krankenhaus-Museum Bremen, Krankenakte A 305/15, StA Bremen Einwohnermeldekartei

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Heilanstalten"