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Martin Köhnken, *1890

ZEUGE JEHOVAS, SEIT 1935 MEHRMALS VERHAFTET/VERURTEILT, 1936 SACHSENHAUSEN,
ERMORDET 15.5.1940


Grundstraße 34
Bremen-Östliche Vorstadt

Verlegedatum: 14.06.2022

Martin Köhnken

Martin Köhnken
Martin Köhnken wurde am 23.6.1890 in Seehausen, Kreis Osterholz, als Sohn des Land-wirts Martin Köhnken und seiner Frau Meta geboren. Er besuchte dort die Volksschule bis zu seinem 14. Lebensjahr. Danach betätigte er sich in der Landwirtschaft seines Vaters. Nach seiner Entlassung vom Militärdienst in Stade 1912 arbeitete er in einer Bremer Brauerei, bis er 1914 erneut einberufen wurde und bis Kriegsende in Frankreich stationiert war.

Im Dezember 1917 heiratete er Luise Krüger (geb. 1888 in Glogau, heute Polen). Die Ehe blieb kinderlos. Am 20.12.1917 bezog das Ehepaar das eigene Haus in der Grundstraße 34. Beruflich war Martin Köhnken als Bauarbeiter tätig und gehörte dem Bauarbeiterver-band an.

1931 schloss er sich den Internationalen Bibelforschern (später Zeugen Jehovas) an. Als die Bibelforscher 1936 ihre Aktivitäten in Deutschland ausweiteten, kam es zu umfangreichen Hausdurchsuchungen und Verhaftungen durch die Gestapo. Martin Köhnken wurde am 2.9.1936 von den Gestapobeamten Rohlfing und Noll verhaftet und bis zum 31.8.1937 im Gefangenenhaus Ostertor inhaftiert. Im Prozess vor dem Hamburger Sondergericht gegen ihn und 18 weitere Bibelforscher wurde Martin Köhnken angeklagt, nicht nur illegale Schriften verteilt, sondern diese auch zur Weiterverteilung an andere Bibelforscher weitergegeben zu haben.

Am 12.7.1937 verurteilte ihn das Sondergericht zu zehn Monaten Haft, für die er am 1.9.1937 in das Konzentrationslager Sachsenhausen verlegt wurde. Auch nach Haftende blieb er in „Schutzhaft“, „wo mein Mann daselbst am 10.2.1940 angeblich an einer Lungenentzündung verstorben ist.“ (Luise Köhnken).

Zwei Briefe des „Schutzhäftlings“ Martin Köhnken (Nr. 1185, Block 36) an seine Frau sind erhalten (s.u.) auf einem findet sich der amtliche Vermerk der Lagerleitung: „Der Schutzhäftling ist nach wie vor hartnäckiger Bibelforscher und weigert sich, von der Irrlehre der Bibelforscher abzulassen. Aus diesem Grunde ist ihm lediglich die Erleichterung, den sonst üblichen Briefwechsel zu pflegen, genommen worden.“ Der zweite Brief datiert einen Monat vor seinem Tod.

Die letzte gemeinsame Wohnung war in Bremen, Grundstraße 34 (gegen Kriegsende schwer beschädigt und teilweise ausgebrannt). Im Antrag auf Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts kommt die desolate Lage, in der sich Louise Köhnken nach Kriegsende befand, zum Ausdruck: „Totalschaden, alle Belege verbrannt, kann leider keine wiederbeschaffen.“ (16.8.1950). Als Geschädigte aus religiösen Gründen schrieb sie: „Schaden entstand, da mein Mann, welcher auch mein Ernährer war, in Haft kam. Die Gestapo hat sämtliche Schriften und Bücher, welche wir in Besitz hatten, mitgenommen […]. Ich habe die meiste Zeit bei meinen Verwandten verlebt und so mein Leben gefris-tet.“ Nach 1945 wurde sie von der Wohlfahrt unterstützt. Luise Köhnken starb am 17.8.1975 in Bremen.

Verfasser:
Günter Kleinen/Michael Berthold (2020)

Informationsquelle:
StA Bremen 4,54 – E 190
Archiv Jürgen Kewitz
Marßolek, Inge / Ott, Rene, Bremen im 3. Reich: Anpassung – Widerstand – Verfolgung, Bremen, 1986