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Lisa Specht, *1903

EINGEWIESEN 1943 NERVENKLINIK, ´VERLEGT` 9.12.1943 HEILANSTALT MESERITZ-OBRAWALDE
ERMORDET 15.1.1944


Osterstraße 20
Bremen-Neustadt
ehemalige Straßenbezeichnung: Osterstraße 21

Verlegedatum: 09.10.2023


Osterstraße 20 - Weitere Stolpersteine:


Lisa Specht

Lisa Specht

Lisa Specht wurde am 1.12.1903 in Bremen geboren. Aus einer Ehe, die 1933 geschieden wurde, hatte sie zwei Kinder. Nach der Scheidung scheint Lisa Specht den Halt im Leben verloren zu haben. Sie habe sich „oft herumgetrieben“, wie es in ihrer Krankenakte notiert wurde. Als sie 1934 wegen einer Geschlechtskrankheit im Städtischen Krankenhaus, dem heutigen Klinikum Bremen-Mitte, behandelt werden musste, wurde sie in eine Arbeitsanstalt eingewiesen und geriet in das System der städtischen Fürsorge.

Sie arbeitete zuletzt als Küchenmädchen in der Meierei im Bürgerpark. Nach einer erneuten Behandlung in der Städtischen Krankenanstalt wurde sie kurzzeitig für acht Tage in das Marthasheim gebracht. Mit dieser Unterbringung scheint Lisa Specht nicht einverstanden gewesen zu sein. Der Arzt, der sie von dort aus in die Bremer Nevenklinik überwies, notierte: „kann nicht im Heim gehalten werden.“

Am 11.12.1943 wurde sie mit der Diagnose „Schwachsinn“ in der Klinik aufgenommen. Die Krankenakte vermerkt über sie: „Ungleichmäßige und unzuverlässige Arbeiterin. Wirkt läppisch und gewöhnlich.“

Nachdem die Bremer Klinik im November 1943 schwer von Bomben getroffen wurde, wurde Lisa Specht zunächst in das Ausweichkrankenhaus Blankenburg bei Oldenburg verlegt. Von dort aus wurde sie am 9.12.1943 mit einem Sammeltransport in die Heil- und Pflegeanstalt Meseritz-Obrawalde verbracht. Dort verstarb sie am 5.1.1944. Als angebliche Todesursachen wurden Geistesstörung, Darmgrippe und Herzschwäche festgehalten.

Nach ihrem Tod fragte ihre Mutter im Januar 1944 in der Bremer Nervenklinik an, ob ihre Tochter vor der Verlegung nach Meseritz-Obrawalde körperlich erkrankt gewesen sei. Die Klinik antwortet ihr, dass ihre Tochter Bremen bei körperlicher Gesundheit verlassen habe. Ihr Tod wäre jedoch für sie „eine Erlösung“ gewesen, so der Klinikleiter Walther Kaldewey in seiner Antwort an die Mutter, womit er die Tötung im Sinne der nationalsozialistischen „Euthanasie“ zu rechtfertigen versuchte.

Jannik Sachweh (2023)

Informationsquellen:
Archiv Krankenhaus-Museum Bremen, Krankenakten 17528
StA Bremen Einwohnermeldekartei

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Heilanstalten"