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Hermann Schröder, *1912

EINGEWIESEN 1936 NERVENKLINIK, ´VERLEGT` 9.12.1943 HEILANSTALT MESERITZ-OBRAWALDE
ERMORDET 5.8.1944


Schlegelstraße 15
Bremen-Neustadt

Verlegedatum: 09.10.2023

Hermann Schröder

Hermann Schröder

Hermann Schröder wurde am 5.3.1912 in Bremen geboren. 1933 hatte er die Absicht nach Wien zu gehen, um dort an der Oper eine Karriere als Sänger zu machen. Als dieser Plan scheiterte, wurde er 1934 als Schriftsteller für Gedichte und Dramen aktiv. Auch Versuche, in Italien als Opernsänger Erfolg zu finden, scheiterten. Im Sommer 1935 wollte Hermann Schröder in die Wehrmacht eintreten, war jedoch aufgrund seiner Kurzsichtigkeit nicht voll tauglich und verwarf darüber verärgert sein Vorhaben, Berufssoldat zu werden. Er wohnte zuletzt bei seinen Eltern in der Schlegelstraße 15.

Anfang Februar 1936 schrieb er mehrfach Briefe an Mitglieder der Reichsregierung und an Hitler. Seine verworrenen Formulierungen und Anschuldigungen führten zu einer amtsärztlichen Untersuchung, die seine Unterbringung aufgrund einer „Geistesstörung krankhafter Natur“ zur Folge hatte. Am 29.2.1936 wurde er mit der Diagnose "Schizophrenie" in die Bremer Nervenklinik eingewiesen. Hier äußerte er sich weiter in vielfältigen Verfolgungs- und Wahnvorstellungen.

Am 3. März wurde er als "Erbkrank" gemeldet. Bereits Ende März beschloss das Erbgesundheitsgericht seine Sterilisation, die im Juli 1936 in der Städtischen Krankenanstalt in der St. Jürgen-Straße durchgeführt wurde. Obwohl seine Mutter gegen eine weitere Behandlung in der Nervenklinik protestierte, wurde Hermann Schröder nach dieser Zwangsoperation erneut in der Klinik aufgenommen. Ohne Erfolg wurden dort regelmäßige Cardiazol-Injektionen und eine Insulinschock-Behandlung durchgeführt.

In der Klinik wurde Hermann Schröder regelmäßig von seiner Mutter besucht, die ihm auch etwas zu Essen mitbrachte. Im September 1942 bat sie darum, ihn doch regelmäßig aus der Klinik zu beurlauben, damit er bei seinen Eltern sein könnte. Dieser Urlaub wurde genehmigt und er konnte mehrfach von Sonnabend bis Mittwoch das Klinikgelände verlassen. Ende 1942 wurde festgestellt, dass sich durch die Urlaube sein Gesundheitszustand deutlich besserte und er auch wieder kleinere Aufgaben im Alltag für seine Mutter übernahm und „zur vollsten Zufriedenheit“ erledigte. Im Januar 1943 galt er als „ruhig, freundlich, äußerte keine Wahnideen mehr.“ Seine Mutter beantragte seine Entlassung aus der Klinik und das Ende der zwangsweisen Unterbringung. Klinikleiter Walther Kaledewey lehnte eine Entlassung im Mai 1943 jedoch entschieden ab. Er charakterisierte seinen Patienten als „verschrobenen, hochnäsigen Nichtstuer“, dessen „Unlenkbarkeit“ der Öffentlichkeit in der Kriegszeit nicht zugemutet werden sollte.

Im Juli 1943 verschlechterte sich sein Zustand wieder und es wurde eine Elektroschock-Behandlung begonnen. Hermann Schröder wehrte sich heftig gegen diese schmerzhafte Therapie. Nach dem 15. durch diese Behandlung ausgelösten Anfall wurde die Behandlung abgebrochen, ohne dass eine Besserung eingetreten war.

Am 9.12.1943 wurde Hermann Schröder mit einem Sammeltransport in die Heil- und Pflegeanstalt Meseritz-Obrawalde verlegt. Dort wurde seine Krankenakte, anders als viele andere, weitergeführt. Im Februar 1944 wurde vermerkt, dass er „keinerlei geregelte Beschäftigung“ ausführte. Dennoch scheint er in den nächsten Monaten in der Anstalt zur Arbeit eingesetzt worden zu sein. Am 5.8.1944 wurde er getötet. Als angebliche Todesursachen wurden "Geisteskrankheit" und "Sepsis" vermerkt.

Jannik Sachweh (2023)

Informationsquellen:
Archiv Krankenhaus-Museum Bremen, Krankenakten 11306
StA Bremen Einwohnermeldekartei

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Heilanstalten"