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Biografie im Erinnerungsportal, kein Stolperstein vorhanden

Dora Anspacher, *1905

1940 KZ Ravensbrück, Tötungsanstalt Bernburg/Saale,
ermordet


Steinhäuserstraße 15
Bremen-Mitte

Dora Anspacher


Am 24.12.1905 wurde Dora Anspacher in Achim geboren, Tochter von Herz Anspacher (1864-1943) und Jenny Löwenthal (1865-1937). Sie war eines von neun Kindern des jüdischen Ehepaares. Ihr Vater war Viehhändler.

Zum Verlauf ihres Leben gibt es heute nur noch wenige Unterlagen, die ausgewertet werden konnten. In den zu den Familienangehörigen vorhandenen Entschädigungsakten im Staatsarchiv Bremen wurde ihr Name nicht einmal erwähnt. Hauptquelle ist ihre Einwohnermeldekarte.

Ihr Vater lebte bis 1912 in Achim. Es ist zu vermuten, dass sie, wie ihr Bruder Richard, dort zunächst die Volksschule besuchte. Ihre Eltern lebten in Bremen zuerst in einer Wohnung Vor dem Steintor 132/134, später in der Doventorstraße 15. Ihr erster bekannter Wohnort war die Große Allee 4 (heute: Langemarckstraße). Von Beruf war sie Stenotypistin, ab November 1934 wurde sie als Küchenmädchen geführt. In der Zeit war sie auch für zwei Monate im Europäischen Hof am Herdentorsteinweg gemeldet. Ihre letzte Wohnung war in der Steinhäuserstraße 15.

Vom 30.6.1931 bis 5.8.1932 verbüßte sie eine Haftstrafe. Die Eintragungen auf ihrer Einwohnermeldekarte enden mit ihrer erneuten Haft. Am 13.5.1935 wurde sie in das Gefängnis Lübeck-Lauerhof überführt. Dort verliert sich zunächst ihre Spur; die Archivunterlagen des Gefängnisses sind nicht mehr vorhanden.

Am 26.1.1940 wurde sie in das KZ Ravensbrück unter der Häftlingsnummer 2692 eingewiesen. Die Zugangsliste vermerkt: „jüdisch/B.V.“ (= Berufsverbrecher/polizeiliche Vorbeugehaft). Von dort kam sie vermutlich im Frühjahr 1942 im Zuge der Säuberungsaktion "14f13" in die Tötungsanstalt Bernburg/Saale, wo sie ermordet wurde. Der Tag ihrer Ermordung ist nicht zweifelsfrei zu klären. In einem Verzeichnis des Reichskriminalpolizeiamtes vom 10.7.1942 über die "im Monat Juni 1942 als verstorben angemeldeten Personen, von denen in der hiesigen Zehnfingerabdrucksammlung Fingeradrücke vorhanden sind" ist der 6.6.1942 als Todestag aufgeführt. Da aber in der Zeit keine Vernichtungstransporte aus dem KZ Ravensbrück verzeichnet sind, lässt es den Schluss zu, dass das Todesdatum von der Anstalt Bernburg gefälscht worden ist.

Auf dem Jüdischen Friedhof in Hamburg-Ohlsdorf (Grablage: M1 Nr. 127a) ist ein Grabstein mit ihrem Namen vorhanden. Darauf ist der 12.5.1943 als ihr Todestag angegeben. Weder die unterschiedlichen Angaben ihres Sterbedatums noch ob sie in Hamburg bestattet wurde, konnten bislang aufgeklärt werden. Möglicherweise war sie vor der Einweisung in das Konzentrationslager zuletzt in Altona inhaftiert gewesen, da auf der Bremer Einwohnermeldekartei auf eine Steckbriefkartei der Strafanstalt Altona von 1937 verwiesen wird.

Ihr Vater Herz Anspacher wurde am 23.7.1942 mit den Bewohnern des Jüdischen Altersheims nach Theresienstadt deportiert. Dort traf er auf seine Tochter Gertrud (verh. Leiserowitz), die bereits am 20.7.1942 aus Hamburg in das Ghetto deportiert worden war. Sein Sohn Richard befand sich gleichfalls im Bremer Transport. Am 16.1.1943 erlag Herz Anspacher den Entbehrungen. Gertrud Leiserowitz wurde am 29.1.1943, ihr Bruder Richard am 15.4.1944 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Ihr Bruder Moritz Anspacher war ab 1940 in den KZ Buchenwald und Dachau interniert und wurde am 2.3.1942 in der Tötungsanstalt Bernburg/Saale ermordet. Die übrigen Geschwister überlebten die Verfolgung – sie konnten emigrieren bzw. lebten in "Mischehen".

Ihr letzter Wohnort existiert nicht mehr, welhalb kein Stolperstein verlegt werden kann.

Peter Christoffersen (2024)

Informationsquellen:
Staatsarchiv Bremen, Einwohnermeldekartei
Staatsarchiv Bremen, Akten 4,54-E9278, E9270
ITS Archiv, Bad Arolsen, 1.2.2.1/11288527
Judith Buber Agassi, Die Jüdischen Frauen – Gefangene von Ravensbrück: Wer waren sie?, Münster 2010 (hier: Liste von Namen und relevanten Daten)
Auskunft Archiv Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück