Biografie im Erinnerungsportal, kein Stolperstein vorhanden
Rudolf Hartogh, *1889
AEL Farge, Ghetto Theresienstadt
Horner Straße 38
Bremen-Östliche Vorstadt
Rudolf Hartogh
Rudolf Franz Hartogh wurde am 31.5.1889 in Hamburg geboren. Die Eltern Franz und Mary Hartogh stammten aus den Niederlanden, waren getaufte Juden und Mitglieder der Gemeinde St. Johanniskirche-Harvestehude in Hamburg. Auch Rudolf wurde mit sechs Jahren getauft. Aufgrund einer Erkrankung war er seit Kindestagen vollständig gehörlos.
1905 beendete er die Oberrealschule „Vor dem Holstentore“ mit der mittleren Reife und widmete sich danach einem Kunststudium in Berlin, Kassel und Weimar.
1931 heiratete er die aus Bremen stammende Eva Pfitzner. Die Trauung fand in Bremen statt, wohin das Ehepaar noch im selben Jahr zog. Dort wohnten sie bis 1953 in der Horner Straße 38.
Rudolf Hartogh, der „Künstler aus Fischerhude“, wie er in der kunstgeschichtlichen Literatur bezeichnet wird, wurde 1938 aus der Reichskulturkammer ausgeschlossen, nachdem er keinen „arischen“ Stammbaum nachweisen konnte. Dieser Ausschluss bedeutete ein Berufs- Mal- und Verkaufsverbot.
Nachdem sich die Gestapo lange nicht für ihn interessiert hatte, ließ diese aufgrund einer Denunziation Hartoghs Papiere durch das „Sippenamt“ suchen, die dann auch in den Niederlanden gefunden wurden. Am 15.4.1943 wurde Rudolf Hartog offiziell zum „Juden“ erklärt und musste den gelben Stern tragen.
Im Sommer 1944 wurde er erneut von der Gestapo vorgeladen und erhielt den Befehl, den jüdischen Friedhof zu säubern. Nach fünf Tagen Arbeit, am 24.8.1944, erhielt er erneut die Aufforderung, sich bei der Gestapo zu melden. Nach schikanös langen Wartezeiten wurde er schließlich vom Polizeiinspektor Siebert verhört und verhaftet. Nachdem er den Tag in großer Hitze und ohne Wasser in Dunkelhaft verbracht hatte, wurde er in das Arbeitserziehungslager Farge überstellt, wo er schwere Erdarbeiten zu verrichten hatte. Am 5.12.1944 wurde er in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er das Ende des Krieges erlebte und am 30.6.1945 nach Bremen zurückkehren konnte.
Sowohl in Farge als auch in Theresienstadt, musste der schmächtige und sehr sensible Hartogh schwere Arbeiten unter unwürdigen Bedingungen erledigen, die seinem ohnehin schlechten Gesundheitszustand zusätzlich schadeten. Richtig gesund und kräftig wurde Rudolf Hartogh auch nach Kriegsende nie wieder.
Dennoch konnte er nun seine Arbeit als Kunstmaler wieder aufnehmen. Einige seiner nach eigener Aussage besten Bilder hatte er aus Angst vor der Gestapo bei Freunden in Schlesien versteckt. Diese gingen im Laufe des Krieges allerdings verloren.
Auch Eva Hartogh hatte, da man sie als „jüdisch-versippt“ einstufte, von Oktober 1944 bis Kriegsende Zwangsarbeit bei der Firma Krupp in Oslebshausen zu leisten.
Heute liegt ein Stolperstein für Rudolf Hartogh in Quelkhorn /Fischerhunde, An der Weide 3. Hier, im ehemaligen Sommerhaus von Evas Vater Oskar Pfitzner, wohnte das Ehepaar Hartogh ab 1953.
Ab 1950 unternahm Rudolf Hartogh mehrere Reisen durch Europa und schrieb an der Fischerhuder Chronik, in der er sich selbst beschrieb: „Er war ein Schüler von Lovis Corinth in Berlin, dann von Prof. Hans Olde in Weimar, dem er später als Atelierschüler nach Cassel folgte. Von 1918-1925 war er Studierender am Bauhaus in Weimar und als solcher Schüler von Walter Gropius. Die Sommer verlebte er stets in Fischerhude, besonders nach seiner Heirat mit Eva Pfitzner, Tochter des Konzertmeisters Oskar Pfitzner, welcher seit 1905 ein regelmäßiger Gast in Fischerhude das erste Sommerhaus in der Surheide baute. Nach dem Ausbau desselben lebte Hartogh seit 1953 dauernd hier.“ (Woock, S. 292)
Rudolf Hartogh verstarb am 20. Januar 1960 in Quelkhorn.
Michael Berthold (2024)
Informationsquellen:
StA Bremen, 4.54 E - 777; Einwohnermeldekarte
Woock, Joachim: "Hitlers willige Helfer: Nationalsozialisten im Landkreis Verden Folge 11: Die NSDAP-Ortsgruppe Fischerhude. Aktive, Angepasste, Widerständige und Opfer in Fischerhude und Quelkhorn", Jahrbuch für den Landkreis Verden 2021, Seiten 208ff.