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Glossar

Volksgerichtshof

Der Volksgerichtshof wurde durch Gesetz 1934 in Berlin als Sondergericht zur Aburteilung politischer Delikte (insbes. der Straftatbestände des „Hochverrats“ und des „Landesverrats“) errichtet, um sicherzustellen, dass politische Prozesse in der Hand regimetreuer Richter lägen. 1936 wurde der Volksgerichtshof in ein „ordentliches Gericht“ umgewandelt. Seine Zuständigkeit wurde im Laufe der Zeit auf immer mehr Straftatbestände ausgedehnt.

Die (bis zu) sechs Senate des Volksgerichtshofs bestanden jeweils aus zwei Berufsrichtern und drei „Volksrichter“ genannten Laienrichtern, die zum großen Teil Funktionäre der NSDAP, Offiziere oder hohe Beamte waren; die Richter wurden unmittelbar vom Reichskanzler ernannt. Das Gerichtsverfahren war auf schnelle Entscheidungen ausgerichtet. Gegen Entscheidungen des Volksgerichtshofs durfte nur die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel einlegen. Die Angeklagten hatten kein Recht auf freie Wahl ihres Verteidigers; Angeklagte und Anwälte wurden oft erst kurz vor Beginn der Hauptverhandlung über die Vorwürfe der Anklage informiert.

Seit Kriegsbeginn nahm sowohl die Zahl der Verfahren wie auch die Zahl der Todesurteile stark zu. Waren 1937 von 618 Angeklagten 32 zum Tode verurteilt worden, stiegen diese Zahlen 1944 auf 4.379 Angeklagte und 2.097 Todesurteile. Bis zum Kriegsende wurden etwa 5.200 Todesurteile vollstreckt; sie richteten sich gegen Mitglieder von Widerstandsgruppen wie der „Weißen Rose“, der „Roten Kapelle“, der (vor allem in Nordwestdeutschland aktiven) „Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe“, des „Kreisauer Kreises“ und Beteiligte am Attentatsversuch vom „20. Juli 1944“, aber auch gegen Personen, die ausländische Radiosender abgehört und deren Meldungen verbreitet oder im privaten Kreis abwertende Bemerkungen über den „Führer“ oder Zweifel am „Endsieg“ geäußert hatten und meist wegen „Wehrkraftzersetzung“ verurteilt worden waren.

Wie der Deutsche Bundestag am 25. Januar 1985 in einer Entschließung festgestellt hat, war der Volksgerichtshof ein „Terrorinstrument zur Durchsetzung nationalsozialistischer Willkürherrschaft“.

Allerdings hatten nach Gründung der Bundesrepublik zahlreiche Berufsrichter des Volksgerichtshofs ihre Laufbahn in der Justiz fortsetzen können.


Quellen / Weitere Informationen:
Wikipedia-Artikel „Volksgerichtshof“

Ingo Müller, Furchtbare Juristen, München 1987


Michael Cochu (2011)


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