Glossar
Arbeitserziehungslager
Arbeitserziehungslager (AEL) entstanden erst im Zweiten Weltkrieg und unterstanden direkt der Gestapo. Industrie, Kommunen, Arbeitsverwaltung und Gestapo hatten ein Interesse an der Disziplinierung der Arbeiterschaft sowie der Unterdrückung von Arbeiterwiderstand. Nach einem Erlass Himmlers vom 28.5.1941 sollten "Arbeitsverweigerer sowie arbeitsvertragsbrüchige und arbeitsunlustige Elemente“ eingesperrt werden. Zur Einweisung war keine gerichtliche Verurteilung erforderlich. Zunächst betraf dies nur deutsche Arbeitskräfte, später hauptsächlich ausländische und vor allem osteuropäische Zivilarbeiter. Neben der "Schutzhaft" und der "Vorbeugehaft" war die "Arbeitserziehungshaft" ein weiteres Element der nationalsozialistischen Repressionspolitik. Die Zahl der Arbeitserziehungslager belief sich 1940 auf acht, gegen Kriegsende auf etwa 200 Lager innerhalb und außerhalb des Reichsgebietes. Insgesamt waren zwischen 1939 und 1945 ca. eine halbe Million Menschen in Arbeitserziehungslagern inhaftiert.
In Bremen-Farge wurde 1940 ein Arbeitserziehungslager eingerichtet; es war eines der ersten Lager dieser Art. Ein Großteil der Inhaftierten wurde in der Anfangsphase als Bauarbeiter bei den Rüstungsprojekten im Bremer Norden eingesetzt. Ab 1943 mussten auch sie beim Bau des U-Boot Bunkers "Valentin" mitarbeiten.
Von 1942 bis 1943 befanden sich durchschnittlich zwischen 200 und 350 Häftlinge im Lager. Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 sperrte die Gestapo Bremen in einer „Aktion Gewitter“ etwa 50 ehemalige Angehörige der politischen Opposition in das Lager ein. Im Rahmen einer von Himmler angeordneten „Sonderaktion J“ wurden im Oktober 1944 etwa 230 jüdische "Mischlinge ersten Grades" und "jüdisch Versippte" eingeliefert. Die Betroffenen erhielten am 8.10. bzw. 30.10.1944 eine Aufforderung, sich zum "Kriegseinsatz" am nächsten Tag bei der Gestapo Am Wall 199 zu melden. Arbeitskleidung und -geräte sowie Wolldecken und "Mundvorrat für einen Tag" waren u.a. mitzubringen. Mit einem fahrplanmäßigen Zug kamen sie dann nach Farge. Nach ungefähr ein bis drei Wochen wurden sie in Zwangsarbeiterlager der Organisation Todt vorwiegend nach Lenne und Duingen weitergeleitet.
Die Lebensbedingungen im AEL Farge waren so katastrophal, dass es die Bremer „Männervertilgungslager“ nannten. Unzureichende Ernährung, Brutalität von Lagerführern und Wachmannschaften führten zu vielen (zwischen 100 bis 200) Todesfällen. In den letzten Kriegstagen mussten sich etwa 200 Häftlinge auf einen Evakuierungsmarsch begeben, der über Hamburg im AEL Nordmark bei Kiel endete. Eine in etwa gleich hohe Anzahl verblieb im Lager.
Quellen / Weitere Informationen:
Marc Buggeln, Bunker »Valentin«, Bremen 2010
Andrea Tech, Arbeitserziehungslager in Nordwestdeutschland 1940-1945, Göttingen 2003
http://www.bundesarchiv.de/zwangsarbeit/haftstaetten/index.php?tab=20
Dr. Barbara Johr / Peter Christoffersen (2014)