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Adolf Cohn, *1891

verhaftet 2.9.1944 KZ Neuengamme
tot 25.2.1945


Prangenstr. 37
Bremen-Östliche Vorstadt

Adolf Cohn

geb. 2.9.1891 in Hannover

Adolf Cohn wurde als Sohn einer jüdischen Mutter am 2.9.1891 in Hannover geboren. Sein Vater blieb unbekannt. Er lebte bis zu seinem zweiten Lebensjahr im Waisenhaus und dann bis zum 14. Lebensjahr bei einem Bauern. Er wurde evangelisch getauft und konfirmiert.

Er erlernte das Schneiderhandwerk und diente im Ersten Weltkrieg als Soldat. Als schwer verwundeter Kriegsversehrter kehrte er zurück. Eine im Kopf implantierte Silberplatte ließ ihn zwar unversehrt aussehen, doch konnte er aufgrund der Kopfverletzung nur noch einfachere Arbeiten ausführen. Fast 20 Jahre arbeitete er dann als Bote in der Firma Norddeutscher Lloyd.

Am 21.7.1917 hatte er die Köchin Elisabeth Sophie Margarete Hambrock, geboren 16.9.1893 in Hassel, Kreis Hoya, geheiratet. Mit seiner Frau und Tochter Marga wohnte er in der Prangenstraße 37.

Nach den Rassegesetzen galt er als „Halbjude“. Da er mit einer nichtjüdischen Partnerin verheiratet war, blieb er in den ersten Jahren des Nazi-Regimes von Verfolgungsmaßnahmen weitgehend verschont. Dass er in einer „privilegierten Mischehe“ lebte, schützte ihn aber nur bis 1942, denn er verlor seine Arbeit weil er keinen Nachweis erbringen konnte, dass er tatsächlich nur „Halbjude“ war, da sein Vater nicht zu ermitteln war. Er wurde als „Volljude“ deklariert und musste in einer Rüstungsfabrik Zwangsarbeit leisten.

Im Sommer 1944 wurde über ihn ein Ausgeh- und Bunkerverbot verhängt. Als die Cohns nach einem Bombenangriff Wohnraum für ausgebombte jüdische Menschen zur Verfügung stellen sollten, verwahrte sich seine Frau gegen diese Maßnahme. Sowohl diese Weigerung wie auch der Ausspruch einer Trennungsabsicht hielt der Sachbearbeiter des Wohnungsamtes förmlich fest mit der Folge, dass Adolf Cohn am 2.9.1944 zur Gestapo vorgeladen wurde wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“. Er wurde in „Schutzhaft“ genommen und im Arbeitserziehungslager Farge interniert. In einem Brief vom 3.11.1944 an seine Frau bat er sie um Essen und Zigaretten und schrieb „gib dem Wachtmeister paar Gläser Schnaps“. Von dort wurde er in das KZ Neuengamme überstellt.

Im Oktober 1944 wurden Mutter und Tochter Cohn trotz des Hinweises auf die Scheidungsabsicht als „jüdisch Versippte“ zum Arbeitseinsatz in der Dreherei der Firma Krupp abkommandiert. Die Wohnung mit vollständigem Inventar in der Prangenstraße 37 wurde im November 1944 beschlagnahmt. Zwar konnten beide bereits 1945 wieder in die Wohnung zurück, aber eine Hinterbliebenenrente wurde der Ehefrau erst 1955 vom Oberlandesgericht Bremen zugesprochen. Wesentlicher Streitpunkt war die Wertung der unterschiedlichen Aussagen zur ausgesprochenen Scheidungsabsicht.

Adolf Cohn verstarb am 25.2.1945 im KZ Neuengamme.


Verfasserin:
Barbara Ebeling (2011)

Informationsquellen:
Staatsarchiv Bremen, Akte 4,54-E4337

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Arbeitserziehungslager
Glossarbeitrag Neuengamme