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Hans Glücksmann, *1889

„SCHUTZHAFT“ 1944, ARBEITSERZIEHUNGSLAGER FARGE, BUCHENWALD 1945,
FLOSSENBÜRG, ERMORDET 5.5.1945


Schwachhauser Heerstraße 29
Bremen-Schwachhausen

Verlegedatum: 14.06.2022

Hans Glücksmann

Hans Glücksmann
Hans-Walter Friedrich Glücksmann wurde am 6.5.1889 in Parchim als Sohn von Herbert und Maria Glücksmann geboren. Sein Vater war jüdischen Glaubens, die Mutter evangelisch. Hans Glücksmann selbst wurde evangelisch getauft. Er besuchte das Gymnasium in Parchim und meldete sich im Anschluss 1908, trotz einer Reihe ernsthafter Erkrankungen, zum Militär. Er diente als Offizier im Ersten Weltkrieg, war in Rumänien und später im Artilleriedepot in Küstrin stationiert.

Hans Glücksmann blieb ledig und zog 1933 über Oeynhausen nach Bremen, wo er als Untermieter oder in Hotels wohnte. In Bremen arbeitete er als kaufmännischer Angestellter bei der von den Gewerkschaften gegründeten Konsumgesellschaft „Vorwärts“ (im Laufe der NS Herrschaft in Verbrauchergenossenschaft Bremen umbenannt). Schon früh, 1931 trat er der NSDAP bei und blieb bis zu seiner Verhaftung Mitglied der Partei.

Am 9.6.1944 wurde Hans Glücksmann von der Gestapo Bremen als „Mischling 1. Grades“ in „Schutzhaft“ genommen und im „Arbeits- und Erziehungslager“ Farge (Bunker Valentin) interniert. Seine Verhaftung erfolgte vor der auf das Hitler-Attentat im Juli 1944 folgenden „Aktion Gewitter“ oder der „Sonderaktion J“, der im Oktober 1944 etwa 230 „Mischlinge ersten Grades“ zum Opfer fieleni.

Von Farge wurde Hans Glücksmann am 4.1.1945 in das Konzentrationslager Buchenwald überstellt, wo er am 11.1.1945 eintraf und in der Kategorie „politisch/Mischling“ unter der Häftlingsnummer 38896 geführt wurde. Sein Schicksal unterscheidet sich von der Mehrheit der Bremer „Mischlinge 1. Grades“, die zwar auch in Farge inhaftiert, dann aber in Zwangsarbeitslager der Organisation Todt in Lenne und Duingen deportiert wurden.
Am 20.1.1945 wurde er in das KZ-Außenlager Bad Salzungen, in den Kalischacht Heiligenroda III (mit der Bezeichnung „Kalb“) deportiert. Dort arbeitete er im Kali-Bergbau unter Tage. Die dortigen Verhältnisse waren sehr hart: die Häftlinge schliefen unter Tage teilweise auf dem nackten Boden. Die etwa 500 Häftlinge führten überwiegend Planierarbeiten durch, die eine Produktionsstätte des Autobauers BMW vorbereiteten. Ein Augenzeugenbericht eines italienischen Kriegsgefangenen vom 17.4.1945 beschreibt die Zustände im Außenlager: „Wir kamen in Salzung Roda (Außenlager Bad Salzungen) an, wo wir in ein Salzbergwerk gebracht wurden, das in eine unterirdische Fabrik für den Bau der V 1 umgewandelt werden sollte. Man ließ uns in das Bergwerk bis auf 318 Meter unter der Erde hinabsteigen. Hier begann die Konstruktionsarbeit; die Arbeit bestand in der Herstellung eines Zementfußbodens. Zum Schlafen brachte man alle 500 in eine etwas 2 Meter hohe Grotte; hier lag man auf Holzpritschen mit nichts anderem als einer Decke; es musste täglich 12 Stunden gearbeitet werden, umschichtig von 6 bis 18 Uhr und von 18 bis 6 Uhr. Drei Monate, bis zum Tag der Befreiung, hatten wir nicht das Licht der Sonne erblickt. Viele wurden krank und starben.“

Am 10.4.1945 wurde das Außenlager Kalb aufgrund der anrückenden amerikanischen Streitkräfte aufgelöst und Hans Glücksmann in das Konzentrationslager Flossenbürg verlegt, wo er am 5.5.1945 angeblich an einer Darmentzündung starb. Sein Grab befindet sich dort auf dem Friedhof Z 5.

Verfasser:
Michael Berthold (2020)

Informationsquellen:
StA Bremen, Einwohnermeldekartei
Arolsen Archives, Akte TD. Nr. 15880
Auskunft Marcus Meyer, Gedenkstätte Bunker Valentin, Bremen Farge
Benz, Wolfgang / Diestel, Barbara (Hrsg.), Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 3: Sachsenhausen / Buchenwald, München, 2009
Stein, Harry, „Italiener im Konzentrationslager Buchenwald“, in: Animo italo-tedesco: Studien zu den Italien-Beziehungen in der Kulturgeschichte Thüringens / im Auftrag des Präsidiums der Deutsch-Italienischen Gesellschaft in Thüringen (DIGIT) e.V. hrsg. Weimar: Verl. Und Datenbank für Geisteswiss., 1997

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Rassengesetzgebung