Karoline Weinberg, *1907
deportiert 1941
ermordet in Minsk
Cord-Steding-Str. 9
Bremen-Blumenthal
ehemalige Straßenbezeichnung: Wilhelmstr. 9
Cord-Steding-Str. 9 - Weitere Stolpersteine:
Karoline Weinberg

Familienbiografie
Baruch Weinberg
Rahel Weinberg, geb. Grünberg
Karoline Weinberg
Annemarie Weinberg
Bernhard Baruch Weinberg wurde am 25.2.1881 in Melle als Sohn des Schlachters David Weinberg und seiner Frau Julie, geb. Silbermann, geboren. Er lebte mit seinen Eltern und zahlreichen Geschwistern in Buer am Wiehengebirge.
Am 28.10.1906 heiratete er in Weener Rahel Grünberg, die am 6.9.1875 geborene Tochter Aron Hartog Grünbergs und seiner Frau Frauke, geb. Cohen. Die Familie Grünberg stammte aus Jemgum, wo Rahel und ihre neun Geschwister geboren wurden. Später zog die Familie nach Weener, wo Aron Grünberg mit seinen erwachsenen Söhnen einen Fell-Altmetall- und Viehhandel „A. Grünberg & Söhne“ betrieb.
Bernhard und Rahel Weinberg lebten zunächst in Buer, wo am 4.7.1907 ihre Tochter Karoline, genannt Lilly, geboren wurde. Später zogen sie nach Westrhauderfehn in Ostfriesland. Dort war ein Eisenbahnanschluss geplant; und da es in dem Ort noch keinen Altmetallhändler gab, eröffnete Bernhard Weinberg hier ein Geschäft. Er arbeitete eng mit dem Schwiegervater, dessen Söhnen und Schwiegersöhnen zusammen, die in verschiedenen Orten Ostfrieslands als Vieh- und Altmetallhändler tätig waren.
1910 baute Bernhard Weinberg in Westrhauderfehn zusammen mit seinem Schwager Philipp Grünberg ein großes Haus. Beide betrieben dort ihren Eisen- und Altmetallhandel, nahmen aber später auch einen Viehhandel auf. Die Geschäfte liefen gut und so konnte Rahel eine Haushaltshilfe zur Unterstützung bei der Arbeit einstellen. Das Verhältnis zu den nichtjüdischen Nachbarn war gut. Die Tochter Lilly spielte mit deren Kindern, die wiederum Rahel etwa am Sabbat zur Hand gingen.
Im Ersten Weltkrieg war Bernhard Weinberg Soldat. Nach dem Tod seines Schwiegervaters zog Bernhard Weinberg 1920 mit seiner Familie nach Weener. Sie wohnten neben der Schwiegermutter, die zusammen mit ihrem unverheirateten Sohn Bernhard Baruch Weinberg, 1914 Max Grünberg lebte. Ihr Geschäft erweiterten Weinbergs noch um einen Textilhandel. Die Grünbergs und Weinbergs waren in Weener angesehene Leute.
Die Tochter Lilly zog nach Frankfurt am Main. Dort wurde am 5.10.1935 ihre Tochter Annemarie Rosel geboren. Sie kehrte mit dem Kind in ihr Elternhaus in Weener zurück.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten gingen die Geschäfte immer schlechter. Es gab Hetzschriften und Boykottmaßnahmen gegen die jüdischen Geschäftsleute. Da Juden ab Juli 1938 nur noch in ihrem Wohnort mit Vieh handeln durften, konnte Bernhard Weinberg kein Vieh mehr von den Bauern der Umgebung kaufen und auch den Viehmarkt nicht mehr beliefern und musste sein Geschäft aufgeben. Durch heimliche Haustürverkäufe bei ihm gut bekannten Familien hielt er seine Familie über Wasser.
In der Reichspogromnacht 1938 wurden auch in Ostfriesland die jüdischen Geschäfte zerstört und geplündert. Die Männer wurden verhaftet und in Viehtransportern zum Bahnhof in Oldenburg gebracht; von dort ging es mit der Bahn in Viehwaggons in das KZ Sachsenhausen. Sie wurden dort geschlagen, gedemütigt und erst entlassen, wenn sie zugesichert hatten, Deutschland zu verlassen.
Das Haus von Bernhard Weinberg wurde „arisiert“. Die Familie musste innerhalb von Weener umziehen. Rahels Bruder Max Grünberg zog nach Bremen in das „Judenhaus“ in der Isarstraße 33; er starb 1940 in Bremen.
Ab Februar 1940 mussten auf Anordnung der Gestapo-Leitstelle in Wilhelmshaven alle Juden Ostfriesland innerhalb kurzer Zeit verlassen. Weinbergs zogen in die Wilhelmstraße 9 (heute Cord-Steding-Straße) in Blumenthal. Das Haus gehörte der Familie Spingelt. Die Großmutter Rosalie Spingelt, geb. Herz, war Jüdin und mit einem Nichtjuden verheiratet. Die Familie war deshalb immer wieder Schikanen ausgesetzt. Den Weinbergs blieben nur zwei Dachkammern zum Wohnen. In unmittelbarer Nachbarschaft war der Treffpunkt der Hitlerjugend.
Wie die Familie Weinberg ihren Lebensunterhalt bestritt, ist nicht bekannt. Annemarie fand eine Freundin, die sich heute noch an gemeinsames Spielen mit Puppen erinnert. Als Annemarie dann eines Tages einfach verschwunden war, konnten oder wollten ihr die Eltern nicht sagen, warum.
Im Oktober 1941 kam der Deportationsbescheid. Rahel Weinberg versuchte, in der Nachbarschaft warme Kleidung zu bekommen. Eine Nachbarin gab ihr zwei wollene Strickjacken und erhielt zum Dank dafür sechs silberne Teelöffel mit Monogramm mit der Bemerkung: “Die brauchen wir nicht mehr“.
Am 18.11.1941 wurden Bernhard, Rahel, Karoline und Annemarie Weinberg in das Ghetto Minsk deportiert. Dort wurden sie ermordet: sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die Ende Juli 1942 begannen.
Wiltrud Ahlers (2013)
Informationsquellen:
Bericht des Neffen von Bernhard Weinberg, Alfred Weinberg, New York
Berichte ehemaliger Nachbarn in Blumenthal
Privatarchiv Heinze
Abbildungsnachweis: Alfred Weinberg
Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Minsk