Moritz Kayser, *1872
gezwungen 1938 zur Geschäftsaufgabe; Flucht 1941 Kuba
überlebt
Kapitän-Dallmann-Str. 23
Bremen-Blumenthal
Kapitän-Dallmann-Str. 23 - Weitere Stolpersteine:
Moritz Kayser

Moritz Kayser wurde am 8.1.1872 in Blumenthal geboren. Sein Vater Moses Kayser (1831-1916) stammte aus Grohn und seine Mutter Elise, geb. Gottschalk (1839-1913), aus Blumenthal. Die Familie wohnte in Blumenthal auf einem eigenen Grundstück in der Langestraße 91 (später Kapitän-Dallmann-Straße 23); der Vater betrieb dort einen Produktenhandel mit Gebrauchtwaren aller Art. Moritz hatte zwei Brüder: Julius (1860-1868) und Louis (1872-1925) sowie die 1863 geborene Schwester Flora.
Moritz Kayser wurde Kaufmann und übernahm im Jahr 1900 das Geschäft seines Vaters. Im selben Jahr heiratete er die Lehrerstochter Lena Hahn (1867-1937) aus Emden, die aus einer wohlhabenden Familie stammte. Auf dem Grundstück in der Langestraße wurden zwei Geschäftshäuser gebaut, die vermietet wurden; auf dem hinteren Teil des Grundstücks betrieb Moritz Kayser sein Geschäft.
Moritz Kayser war in der Synagogengemeinde Aumund aktiv, deren Kasse er mehr als 25 Jahre führte. Außerdem war er viele Jahre Kassierer und Schriftführer des Bürgervereins Blumenthal.
Moritz und Lena Kayser hatten drei Kinder. Die Tochter Blanka verstarb im Jahr ihrer Geburt 1901. Der Sohn Herbert lebte von 1902 bis 1929. Die 1907 geborene Tochter Gerda besuchte nach der Volksschule in Blumenthal das Lyzeum in Vegesack. 1934 heiratete sie den aus Wildeshausen stammenden Julius Goldstein; im Jahr darauf wurde die Tochter Ellen geboren. 1936 zog das junge Paar nach Blumenthal und Julius Goldstein wurde Teilhaber im Geschäft seines Schwiegervaters.
Am 30.3.1937 starb Moritz Kaysers Frau Lena. Am 15. September desselben Jahres wanderten Julius und Gerda Goldstein mit ihrer Tochter Ellen in die USA aus.
Moritz Kayser zog noch im selben Jahr nach Breslau, wo seine seit 1935 verwitwete Schwester Flora Pionkowski in einem jüdischen Altersheim lebte. Er wohnte in der Pension Schiftan in der Steinstraße und betrieb von dort seine Emigration.
Unmittelbar nach seinem Umzug nach Breslau schickte ihm das Blumenthaler Finanzamt als Eilsache die Aufforderung zu, umgehend 10.000 RM zugunsten des Deutschen Reiches auf sein Grundstück aufzunehmen und als „Reichsfluchtsteuer“ an den Staat abzuführen. Er kam der Aufforderung nach und verkaufte dafür eines seiner Häuser in der Kapitän-Dallmann-Straße zum Schleuderpreis von 10.000 RM. Zum Jahresende 1938 musste er auch das zweite Haus verkaufen. Der Käufer, mit dem er bereits Vorgespräche geführt hatte, nutzte die Situation aus, um den Kaufpreis weiter zu drücken.
Am 16.8.1941 gelang Moritz Kayser – mit fast 70 Jahren – die Ausreise nach Kuba. 1942 war er in Havanna gemeldet. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs konnte er aus Kuba zu seiner Tochter in die USA ausreisen. Moritz Kayser starb am 4.8.1948 in Cincinnati, Ohio.
Seine Schwester Flora Pionkowski wurde am 26.7.1942 mit dem Transport IX/1 unter der Häftlingsnummer 987 von Breslau in das Ghetto Theresienstadt deportiert und erlag am 11.1.1943 den Entbehrungen.
Wiltrud Ahlers (2013)
Informationsquellen:
„Die Norddeutsche“ vom 8.4.1932
Grundbuchakte Kayser, Amtsgericht Blumenthal
Heiratseintrag, Stadtarchiv Emden
Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Arisierung"
Glossarbeitrag Auswanderung