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Friederike Anspacher, geb. Körbchen, *1892

deportiert 1941
ermordet in Minsk


Hohenlohestr. 44
Bremen-Schwachhausen


Hohenlohestr. 44 - Weitere Stolpersteine:


Friederike Anspacher

Friederike Anspacher

Familienbiografie
Friederike Anspacher,geb. Körbchen
Rosemarie Anspacher

Friederike Körbchen, geb. 19.7.1892 in Bremen, war die Tochter von Levy Körbchen und seiner Frau Theodora (geb. Arends). Friederickes Vater war Viehhändler und hatte eine Unternehmung zusammen mit seinem Bruder am Neustadtsbahnhof. Sie hatte vier Geschwister, darunter eine jüngere Schwester namens Jeanette (genannt Netty), die Hermann Assenheimer, einen Produktenhändler aus Bremen heiraten wird.

Am 20.8.1920 heiratete Friederike den Kaufmann Hermann Anspacher, geb. 22.10.1887 in Achim. Hermann Anspacher war bereits als Kind im Jahr 1899 mit seinen Eltern Bernhard und Minna Anspacher, geb. Heyersberg, sowie mehreren Geschwistern von Achim nach Bremen umgezogen. Hermanns Vater Bernhard Anspacher war Pferdehändler und bot Arbeits-, Reit- und Luxuspferde an. 1910 zog das Ehepaar in die Hohenlohestraße, zunächst in Nr. 32, drei Jahre später in Nr. 44.

Friedericke und Hermann Anspacher lebten mit seinen Eltern und Geschwistern in einem Haus. Dort wurden die gemeinsamen Kinder geboren: Bernhard (geb. 13.4.1922) und Rosemarie (geb. 8.11.1926).

Zu Beginn der 1920er Jahre übernahmen Hermann Anspacher und sein Bruder die elterliche Pferdehandlung. Nachdem neue Geschäftszweige nicht den erwarteten Erfolg zeigten, die Weltwirtschaftskrise den Handel beeinträchtigte, kamen die Brüder in finanzielle Bedrängnis und waren gezwungen das Haus in der Hohenlohe Straße 44 zu verkaufen. Der Pferdehandel wurde in die Neustadt verlegt. Ab 1933 wurden sie in der Abwicklung ihres Handels behindert, bis sie 1938 die Handelserlaubnis verloren.

In der Novemberpogromnacht 1938 wurde Hermann Anspacher verhaftet und in das KZ Sachsenhausen eingeliefert. Nach einigen Wochen wurde er entlassen mit der Auflage, über Erlebtes zu schweigen, das Handelsverbot strikt einzuhalten und sobald wie möglich auszuwandern. Am 4.4.1939 konnte er nach Groningen/Niederlande entkommen. Doch nach der Besetzung der Niederlande durch die deutsche Wehrmacht wurde er interniert und in das Sammellager Westerbork eingeliefert. Dort gehörte er dem jüdischen „Ordnungsdienst“ an, was wohl dazu beitrug, dass er Verfolgung und Vernichtung überlebte. In den 1950er Jahren kehrte er nach Bremen zurück und starb hier am 27.2.1976.

Der Sohn Bernhard Anspacher war im November 1938 mit einem Kindertransport nach England entkommen. In England nahm er den Namen Bernard Anson an. Die Tochter Rosemarie hatte von Ostern 1937 bis Herbst 1938 die Schule An der Kleinen Helle besucht und wollte später Dolmetscherin werden. Wie alle jüdischen Schüler wurde Rosemarie Anspacher am 15.11.1938 vom Schulbesuch ausgeschlossen. Im April 1939 trennte sich Friedericke Anspacher auch von ihrer Tochter Rosemarie und schickte sie mit einem Kindertransport nach Belgien. Dort lebte Antwerpen ihre Schwester Netty Assenheimer mit ihrer Familie. Friedericke plante ebenfalls nach Belgien zu emigrieren, sie wartete noch auf ihre Reisepapiere, als der 2. Weltkrieg ausbrach und eine Ausreise nicht mehr möglich war. Der von ihr gemietete und gepackte Liftvan mit allem Umzugsgut erreichte zwar Belgien, wurde jedoch zurück nach Bremen gesandt und galt lange als verschollen. Erst heute ist bekannt, dass ein Teil des Eigentums bereits im Dezember 1941 versteigert wurde, Transportunternehmer war Louis Neukirch.

Im April 1941 wurde Friedericke gezwungen ihre Wohnung, die noch immer in der Hohenlohe Straße 44 war, zu verlassen und in das "Judenhaus" Geestemünder Straße 22 umzuziehen. Ungefähr zu dieser Zeit bittet Friederike, die Familie Assenheimer möge ihre Tochter zurück nach Bremen reisen lassen.

Rosemarie, die sehr warm von der Familie ihrer Tante Netty aufgenommen worden war, musste im Januar 1941 nach Brüssel umziehen, weil Netty Assenheimer nach Südfrankreich geflüchtet war, wo ihr Mann und beide Söhne in einem Lager gefangen waren. In Brüssel lebte Rosemarie in der Obhut weiterer Tanten aus der Assenheimer-Familie. Friederikes Bitte löste in der Familie Assenheimer heftige Diskussionen aus. Einerseits verstand man die Bitte der Mutter, andererseits sah man die Gefahren, die Rosemarie als Jüdin in Deutschland drohten. Dass man der Bitte letztendlich folgte und damit Rosemaries Deportation und Tod nicht verhinderte, hat die Familie auf ewig bereut. Rosemarie gelang im Juni 1941 die Rückkehr nach Bremen, vermutlich hat sie illegal die Grenze passiert. Sie zog zu ihrer Mutter ins "Judenhaus".

Am 18.11.1941 wurden Friederike und Rosemarie Anspacher in das Ghetto Minsk deportiert. Entweder erlagen Mutter und Tochter den Entbehrungen im Winter 1941/42 oder sie wurden Opfer einer der Massenerschießungen, die im Juli 1942 begannen.

Hermann Anspachers Bruder Wilhelm, dessen Ehefrau Anna, Tochter Ingeborg und Sohn Gerhard gelang die Auswanderung in die USA.

Stolpersteine erinnern auch vor dem Haus Geestemünders Straße 22 an Friederike und Rosemarie Anspacher.

Barbara Johr / Kornelia Renemann (2024)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E11078, 4,54-E2670, 4,54-E11077, Einwohnermeldekartei
Die LostLift Datenbank: UMZUGSGUT: Friedericke Anspacher, geb. Körbchen (2023)
Johr, Barbara/Renemann, Kornelia: Die jüdische Familie Anspacher – über Generationen in Bremen – gedemütigt, entrechtet, verfolgt, Bremen 2014, überarbeitet 2023
Wistuba, Frederike: "Wie aus vertrauten Nachbarn 'verhasste Fremde' werden. Dargestellt am Beispiel der Bremer jüdischen Familien Anspacher und Körbchen zwischen 1933 und 1945, Beitrag zum 23. Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten 2012/2013
Schriftwechsel mit Robin Anson, Enkel von Friederike Anspacher und Sohn von Bernhard Anspacher (Bernard Anson)
Schriftwechsel mit James Schultz, Neffe von Friederike Anspacher und Sohn von Ingeborg Schultz, geb. Anspacher

Abbildungsnachweis: Privatbesitz

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Kindertransporte
Glossarbeitrag Westerbork
Glossarbeitrag Minsk