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Antonio Belmonte, *1884

FLUCHT 1939 BELGIEN, INTERNIERT 1940 ST.-CYPRIEN, DRANCY,
DEPORTIERT 1943, SOBIBOR, ERMORDET 27.3.1943


Am Dobben 38
Bremen-Mitte

Verlegedatum: 22.10.2024

Antonio Belmonte

Antonio Belmonte

Salomon Abendana (genannt Antonio) Belmonte wurde am 20.10.1884 in Hamburg-Rotherbaum geboren. Seine Eltern waren Santiago Belmonte (jüdisch) und Vicenta Clavigo. Er gehörte zur weitverzweigten portugiesisch-jüdischen Familie Belmonte in Hamburg, deren Vorfahren möglicherweise schon seit dem 17. Jahrhundert dort ansässig waren und ursprünglich aus Madeira stammten. Er war katholischen Glaubens. Nach den Nürnberger Gesetzen galt er als "Halbjude".

Antonio Belmonte war Dentist von Beruf und übte diesen vermutlich seit 1905 aus. Im Hamburger Adressbuch wird er erstmals 1909 mit einer "Zahn-Praxis" in der Hammerbrookstraße 32 aufgelistet. 1925 zieht er nach Bremen. Hier schließt er am 31.12.1925 die Ehe mit Anna Johanne Hormann (*1887 in Bremen). Sie führte von 1921 bis 1931 ein Delikatessengeschäft. Ihre gemeinsame Tochter Anneliese wurde zuvor am 3.7.1925 geboren.

Das Ehepaar lebte von 1925-1934 in der Faulenstraße, zog dann in das Gebäude der Sparkasse am Breitenweg und lebte von 1937-1939 Am Dobben 38. Seine Praxis betrieb er u.a. in der Sögestraße, Auf den Häfen, Breitenweg und Am Dobben.

1939 wurden die Scheiben von Praxis und Wohnung eingeschlagen. Der Familie wurde weiter bekannt, dass eine Reihe von Verwandten verhaftet und in KZs interniert waren. Zudem hatte sich die wirtschaftliche Situation der Praxis verschlechtert. Um einer ähnlichen Verfolgung zu entgehen, wanderte Antonio Belmonte am 8.4.1939 nach Ecuador aus. Er nahm seine gesamte Praxiseinrichtung mit und wollte sich dort als Dentist niederlassen. Doch bereits am 5.6. meldete er sich wieder zurück, da er seine Pläne im Exil nicht verwirklichen konnte. Um die wirtschaftliche Situation der Familie zu verbessern, betrieb Anna Belmonte zwischen 1937 und 1938 eine "Waren-Vertretung". Ihre vorherige Profession "Handschriftendeutung" hatte sie aufgegeben.

Am 15.6.1939 emigrierte die gesamte Familie nach Brüssel. Dort wohnten sie in der Rue Masui 2. Sie bestritten ihren Lebensunterhalt mit Zuwendungen von dort lebenden Verwandten, jüdischen Hilfsorganisationen sowie dem Verkauf von Schmuck.

Mit dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Belgien wurden über 13.000 Flüchtlinge von der belgischen Polizei verhaftet, darunter am 10.5.1940 auch Antonio Belmonte. Er wurde zunächst in das Internierungs­lager Saint Cyprien in Südfrankreich am Fuße der Pyrenäen deportiert. Dort verblieb er bis zum Herbst 1940, um dann in das Internierungs­lager Gurs überstellt zu werden.

Zwischen dem August 1942 und März 1943 lieferte die Vichy-Regierung mehr als 3.900 in Gurs internierte Juden an Deutschland aus. Zu ihnen gehörte Antonio Belmonte, der am 26.2.1943 im Durchgangs- und Sammellager Drancy bei Paris eintraf. Am 25.3. wurde er von dort in das Vernichtungslager Sobibor verschleppt, wo er am 27.3.1943 ermordet wurde.

Anna Belmonte wurde in Brüssel mehrfach von der Gestapo verhört, dabei zur Scheidung von ihrem Mann und zur Rückkehr nach Deutschland gedrängt. Sie erschien daraufhin nicht mehr bei den Behörden, verzichtete auf Ausweisverlängerungen, Arbeitsmöglichkeiten und den Erhalt von Lebensmittelkarten. Nachdem sie Gewissheit über den Tod ihres Ehemannes erlangt hatte, kehrte sie am 14.7.1949 mit ihrer Tochter nach Deutschland zurück. Sie lebte in Hamburg und verstarb dort 1969.

Peter Christoffersen (2024)

Informationsquellen:
StA Bremen Akte 4,54-E4860, Einwohnermeldekartei
Bremer Adressbuch
StA Hamburg Akten 351-11-7270, 351-11-9995
Marcel Bervoets, La liste de Saint-Cyprien, Brüssel 2006
Deportationsliste Drancy-Sobibor auf: www.memorialdelashoah.org (Abruf 4/2024)

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Auswanderung
Glossarbeitrag Gurs
Glossarbeitrag Drancy