Biografie im Erinnerungsportal, kein Stolperstein vorhanden
Helga Friederike Horwitz, *1935
1941 Ghetto Lodz, 1942 Vernichtungslager Kulmhof (Chelmno), ermordet
Parkstraße 60
Bremen-Schwachhausen
Helga Friederike Horwitz
Familienbiografie
Erich Horwitz
Susanne Horwitz, geb. Katz
Helga Friederike Horwitz
Ruth Ellen Horwitz
Erich Horwitz wurde am 21.7.1905 in Bremen geboren. Sein Vater Simon Horwitz (1877-1943) war Oberschlesier, verheiratet mit der Bremerin Minna Fränkel (1878-1944). Der älteste Sohn Julius Jacob wurde 1902 in Bremen geboren. Erich Horwitz verlebte seine Kindheit in Bremen am Ritter-Raschen-Platz (Walle). Er wählte einen kaufmännischen Beruf. 1925/26 hielt er sich für ein halbes Jahr in Breslau auf.
Am 11.12.1933 heiratete er in Köln Susanne Katz, geboren am 9.11.1907 in Barmen-Elberfeld, Tochter von Paul Katz und seiner Frau Hedwig (geb. Cappel). Das junge Paar lebte in Bremen bei seinen Eltern, zog im Januar 1934 in eine Mietwohnung. Dort wurde Tochter Helga Friederike am 16.5.1935 geboren.
Simon Horwitz, sein Vater, besaß ein gut gehendes Kinogeschäft mit vier Filmtheatern (Skala-Filmtheater) in Bremen, in dem seine beiden Söhne Mitgesellschafter waren. Mit Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 brach das bis dahin gut gehende Geschäft ein; 1936 musste das letzte verbliebene Kino verkauft werden. Der Familie war damit jegliche Erwerbsgrundlage entzogen, wenngleich ausreichende Vermögenswerte noch vorhanden waren.
Ende Februar 1936 kauften Erich Horwitz und sein Bruder Julius das Haus Parkstraße 60, obwohl die „schleichende Arisierung“ jüdischer Immobilien, d.h. der Verkauf erzwungen durch den Entzug der Erwerbsgrundlage, schon eingesetzt hatte. In diesem Haus war auch noch Platz für die Eltern. Der Vater übernahm Erichs Anteil an der Immobilie im Oktober 1937, als dieser nach Köln zog. Im März 1939 wurde das Haus „arisiert“.
Erich Horwitz zog mit Frau und Tochter am 12.9.1937 nach Köln. Sie wohnten in der Franzstraße 64 in dem wohlhabender Stadtteil Lindenthal. Die Wohnung war geräumig, eingerichtet mit den aus Bremen mitgenommenen Möbeln. Am 31.7.1938 wurde die zweite Tochter Ellen Ruth geboren.
Verhaftet in der Novemberpogromnacht, war Erich Horwitz vom 15. bis 28.11.1938 im KZ Dachau inhaftiert. Wie sein Bruder Julius beabsichtigte auch Erich mit Familie in die USA auszuwandern. Julius, der zwar im Juni 1939 emigrierte, kam jedoch erst im Frühjahr 1940 in den USA an und kümmerte sich umgehend um das Affidavit für Erichs Familie. Erich schrieb in seinem letzten Brief an den Bruder im Frühjahr 1940, dass sein Liftvan gepackt sei. Seine Auflagen hatte er erfüllt, alle Wertsachen abgeben, einschließlich der Zahlung der Judenvermögensabgabe in fünf Raten je 2.000 RM. Weil ein Teil seines Vermögens auf dem Bremer Konto seines Vaters festlag, ließ das Finanzamt Köln dort am 10.5.1939 pfänden. Mit Zahlung der Golddiskontabgabe und dem Affidavit für die USA stand der Emigration nichts mehr entgegen. Trotz Kriegsausbruch war eine Emigration unter gewissen Umständen möglich, generell untersagt wurde sie erst mit Beginn der Deportationen 1941. Warum die Auswanderung 1940 scheiterte ist nicht bekannt.
Wann Erich Horwitz mit Frau und beiden Töchtern in ein „Judenhaus“ in die Kölner Cardinalstraße 9 umziehen mussten, ist gleichfalls nicht bekannt. Dort lebten sie in sehr beengten Verhältnissen mit vielen anderen Menschen jüdischer Abstammung.
Am 22.10.1941 begannen in Köln die Deportationen. Mit dem dritten Transport am 30. Oktober wurden rund 3.000 Juden in das Ghetto Lodz (früher Litzmannstadt) deportiert. In diesem Transport befanden sich Erich und Susanne Horwitz mit den beiden Töchtern (6 und 3 Jahre alt). Dort waren sie in der Franciszkanska 129 (Wohnung 15) untergebracht, der längsten Straße des Ghettos mit Büros der wichtigsten Institutionen.
Im Mai 1942 waren Erich und Susanne Horwitz mit beiden Töchtern auf dem Transport in das Vernichtungslager Kulmhof (Chelmno) und wurden dort unmittelbar nach der Ankunft ermordet. In Köln erinnern Stolpersteine vor dem Haus Cardinalstraße 9 an ihr Schicksal.
Für Erich Horwitz Eltern, die im Ghetto Theresienstadt den Entbehrungen erlagen, liegen Stolpersteine in Bremen vor dem Haus Parkstraße 60.
Erichs Bruder Julius verließ am 28.6.1939 mit Frau und Sohn Bremen und emigrierte über England nach Texas (USA), wo er Rundfunk- und Fernsehgeschäft besaß. Am 16.4.1963 kehrte er nach Bremen zurück, und starb hier am 11.11.1975.
Susanne Horwitz‘ Bruder Richard Katz emigrierte mit seiner Frau Lotte und starb 1949 in New York.
Kornelia Renemann (2024)
Informationsquellen:
StA Bremen 4,54 Ra-2047; StA Bremen 4,54 E-10424; Einwohnermeldekartei
Landesarchiv NRW, Abt. Rheinland ZK294599 Horwitz, Erich
Litzmannstadt Ghetto (lodz-ghetto.com)
NS-Dokumentationszentrum Köln Stolpersteine | Erinnerungsmale für die Opfer des Nationalsozialismus (museenkoeln.de)
Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Arisierung"
Glossarbeitrag Auswanderung
Glossarbeitrag "Judenhäuser"