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Jacob Wolff, *1865

deportiert 1942 nach Theresienstadt
tot 1.12.1942


Reeder-Bischoff-Str. 58
Bremen-Vegesack
ehemalige Straßenbezeichnung: Bahnhofstr. 58


Reeder-Bischoff-Str. 58 - Weitere Stolpersteine:


Jacob Wolff

geb. 22.6.1865 in Vegesack
Jacob Wolff, der letzte Vorsteher der Synagogengemeinde Aumund-Blumenthal-Vegesack, war als Vegesacker Kaufmann, als heimatverbundener Bürger wie auch als Jude eine hochgeachtete Persönlichkeit, bevor die Nationalsozialisten ihn und seine Glaubensgenossen aus der „Volksgemeinschaft“ verdrängten.
In seinem Vegesacker Wohnhaus Bahnhofstraße 58 (heute Reeder-Bischoff-Straße) betrieb er lange einen soliden Handel mit Manufakturwaren, bis sein Umsatz teils durch Konkurrenz anderer Kaufleute, vor allem aber wegen der Boykottaufrufe seit Beginn der Nazizeit stark zurückging. Angesichts dieser Lage sah Jacob Wolff sich genötigt, sein Geschäft an einen Heilpraktiker zu verpachten, der darin ein Reformhaus eröffnete und seine Praxis betrieb. Am 8.2.1939 meldete Wolff seine Firma beim Amtsgericht Bremen endgültig ab; am 14.9.1939 wurde sein Grundstück „arisiert“ und ging an Ernst Möbus über, einen weiteren Reformhausbetreiber.

Ebenso schmerzlich wie den Verlust seiner wirtschaftlichen Existenzgrundlage musste Jacob Wolff die Zerstörung des jüdischen Gemeindezentrums empfinden. Noch am Nachmittag des 10.11.1938, im Gefolge der Reichspogromnacht, steckten SA-Angehörige in aller Öffentlichkeit die Aumunder Synagoge in Brand.

Mit seiner am 12.11.1873 geborenen Frau Rosa, geb. Freudenthal, konnte Jacob Wolff bis Ende 1941 in seinem Haus bleiben, dann mussten beide in eines der Bremer „Judenhäuser“ umziehen. Es war ihr letzter Wohnsitz vor der Deportation nach Theresienstadt am 23.7.1942.
Das Ehepaar hatte eine Tochter Erna, die als junge Frau nach der Eheschließung mit Hermann Rosenbaum in Halberstadt lebte. 1939 emigrierten die Rosenbaums nach Amsterdam, wo sie jedoch nach der Besetzung der Niederlande durch deutsche Truppen nicht mehr sicher waren. Nach ihrer Entdeckung wurden sie am 9.7.1943 in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort ermordet.

Wenige Monate nach seiner Deportation starb Jacob Wolff am 1.12.1942 im Ghetto Theresienstadt. Seine Frau überlebte und kehrte nach ihrer Befreiung nach Vegesack zurück, wo sie noch zehn Jahre in ihrem ehemaligen Haus wohnen konnte. Sie fand neuen Lebensmut durch die Zuwendung früherer Freunde, besonders aber als Mitglied der von Carl Katz gegründeten Bremer Nachkriegsgemeinde. Rosa Wolff wurde 91 Jahre alt; am 10. Mai 1964 starb sie in Oss (Niederlande) während eines Besuchs bei ihrem Neffen Dr. Lothar Freudenthal; dort befindet sich auch ihr Grab.

Verfasser:
Rolf Rübsam (2011)

Informationsquellen:
Max Markreich, Geschichte der Juden in Bremen und Umgegend, Bremen 2003 (Ms: San Francisco, 1955)
Regina Bruss, Die Bremer Juden unter dem Nationalsozialismus, Bremen 1983
Rolf Rübsam/Maria Schulz-Mattner, Geschichte und Ende der Aumunder Synagogengemeinde, Bremen 1998 (Broschüre zur ständigen Gedenkausstellung in der Ev.-Luth. Gemeinde Alt-Aumund)
Rolf Rübsam, Kinder dieser Stadt. Begegnungen mit ehemaligen jüdischen Bremern, Bremen 2005
ders., Leben und Schicksal Jacob Wolffs und seiner Synagogengemeinde, in: Günther Rohdenburg (Bearb.), „Judendeportationen“ von Bremerinnen und Bremern während der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, Bremen 2006, S.145 ff.
Staatsarchiv Bremen, Akte 4,54-E6193

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Arisierung"
Glossarbeitrag Theresienstadt