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Röse Josephs, geb. Birnbaum, *1886

deportiert 1941
ermordet in Minsk


Rembertistr. 30
Bremen-Mitte

Röse Josephs


Familienbiografie
Röse Josephs, geb. Birnbaum
Fritz-Günther Josephs

Röse Birnbaum wurde am 25.3.1886 in Hildesheim als Tochter von Moritz Birnbaum und Ida Ephraim geboren. Sie heiratete 1909 in Hildesheim den Kaufmann Carl Max Josephs (geb. 7.4.1870 in Neustadtgödens). In Jever kamen ihre beiden Kinder Fritz-Günther (geb. 4.8.1910) und Hans-Jürgen (geb. 4.2.1912) zur Welt.

Im Herbst 1916 zog die Familie von Jever nach Bremen, zunächst in die Hohenlohestraße, dann in den Fedelhören und ab 1930 in die Rembertistraße 30. Sohn Fritz-Günther wurde ebenfalls Kaufmann von Beruf und wohnte bei seinen Eltern.

Carl Max Josephs besaß ein Warengeschäft, das sich ab Mitte der 1920er Jahre zur Camajo-Kaffeegroßrösterei und zum Kaffeeversandgeschäft entwickelte. Der Betrieb hatte seinen Sitz in der St.-Pauli-Straße 14. Die Firma gehörte zu den bedeutenden Versandhandelsbetrieben in Bremen. Noch 1935 lag der Umsatz bei über 300.000 RM. Neben Kaffee und Tee vertrieb Carl Josephs auch Schokoladenwaren, die etwa 10% des Umsatzes ausmachten. Röse Josephs war in den Betrieb integriert und mit Prokura versehen.

Die Firma inserierte überregional. Es lassen sich Anzeigen von Josephs Versandhandel z. B. im Simplicissimus von 1928 und im Israelit (Centralorgan für das orthodoxe Judentum) von 1933 und 1936 finden. Über die Central-Verein-Zeitung suchte Joseph noch 1934 nach vier Wiederverkäufern. In die Bremer Nachrichten konnte er diese Stellenanzeige nicht bringen, da diese seit Juni 1934 keine Anzeigen von jüdischen Geschäften mehr annahmen.

In der Broschüre der Kreisleitung der NSDAP von 1935 „auch dich geht es an“ wurde zum Boykott des Geschäftes aufgerufen, dazu war ein Foto des Hauses abgebildet. In den Jahren 1936 und 1937 gingen die Umsätze - vermutlich wegen des überregionalen Versandhandels - nur geringfügig zurück. 1938 wurde der Betrieb „arisiert“. Mit Vertrag vom 7.8.1938 verkaufte Carl Josephs sein Geschäft für 41.000 RM an Walter Meyerkort aus Bremen. Mit dem Einzug des Käufers zur Wehrmacht ruhte der Betrieb allerdings bereits ab 1939. Meyerkort fiel im Juni 1944, der Betrieb wurde nach Kriegsende nicht mehr weitergeführt.

Aus einem nach dem Krieg an den überlebenden Sohn Hans-Jürgen Josephs gerichteten Brief geht hervor, dass eine Helene Bruns 18 Jahre im Hause seiner Eltern ein- und ausgegangen sei:

„Ich war bis zur letzten Stunde bei Ihren Angehörigen im Haus zusammen. Gleich nach dem Abtransport ihrer Lieben kamen zwei Möbelwagen vorgefahren und haben sämtliches Inventar, sogar die zurückgelassene Wäsche u. a. (...) abtransportiert. Später hörte ich, dass diese Sachen alle versteigert worden sind.“

Hans-Jürgen Josephs war am 15.10.1933 in die Niederlande emigriert und lebte zunächst in Bussum, dann ab September 1934 in Amsterdam. Trotz wirtschaftlicher Not konnte er dort eine Ausbildung in Elektrotechnik machen, ein entsprechendes Geschäft eröffnen und es bis zur erzwungenen Schließung 1942 führen. Kurz danach wurde er verhaftet. Vom 18.12.1942 bis zur Befreiung am 15.4.1945 war er im Sammellager Westerbork interniert. Seine damalige Ehefrau Vera Josephs, geb.Tichauer, war gleichfalls in Westerbork interniert und überlebte. Beide hatten in Amsterdam für den „Judenrat“ gearbeitet; er als Elektriker, sie als Stenotypistin. Möglicherweise wurden sie deshalb von Deportationen zurückgestellt, was ihnen das Leben rettete. Die 1939 geschlossene Ehe wurde 1945 geschieden. Am 12.2.1947 wanderte Hans-Jürgen Josephs nach New York aus und starb 1966.

Röse Josephs älterer Sohn Fritz-Günther war im Oktober 1935 in die Niederlande emigriert, wo er zunächst als Vertreter für Schokolade und Süßigkeiten arbeitete. Möglicherweise halfen ihm dabei die Kontakte, die er über den Betrieb seines Vaters hatte. In Amsterdam heiratete er am 14.9.1938 Frieda Rudawer (geb. 9.5.1913) aus Offenbach. Ab Juni 1942 leitete er eine Gemüsevertretung. In der Amsterdamer Meldekartei ist als letzter Wohnungswechsel der 26.11.1942 eingetragen.

Bis Ende 1942 war die„Quote“ der SS von 40.000 aus den Niederlanden zu deportierenden Juden erfüllt. Dass das Ehepaar Josephs als Immigranten noch frei war, lässt darauf schließen, dass sie entweder sehr zurückgezogen oder im Versteck lebten. Im Verlauf des nachfolgenden Vierteljahres wurden sie jedoch aufgespürt, verhaftet und in das Konzentrationslager Vught eingewiesen.

Am 31.3.1943 wurde Fritz-Günther in das Sammellager Westerbork überstellt und am 4.5.1943 in das Konzentrationslager Sobibor abtransportiert und dort vermutlich bereits am 7.5.1943 ermordet.

Seine schwangere Ehefrau Frieda Josephs-Rudawer kam erst zwei Tage nach dem Abtransport ihres Ehemannes in Westerbork an. Ihr Name stand auf der Deportationsliste vom 31.8.1943 in das Vernichtungslager Auschwitz, doch wurde er wieder gestrichen, vermutlich aufgrund ihrer Schwangerschaft. Am 12.11.1943 wurde im Lager ihre Tochter Lieselotte geboren. Mutter und Kind wurden am 25.2.1944 in das Ghetto Theresienstadt und am 23.10.1944 weiter nach Auschwitz deportiert, wo beide ermordet wurden.

Peter Christoffersen/Barbara Ebeling (2016)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E4298, 4,54-E11902, 4,54-E4300, 4,54-Ra157 Einwohnermeldekarten Bremen und Amsterdam www.simplicissimus.info www.edocs.ub.uni-frankfurt.de
www.joodsmonument.nl

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Arisierung"
Glossarbeitrag "Judenhäuser"
Glossarbeitrag Minsk
Glossarbeitrag Westerbork