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Rudolf Lange, *1880

KZ Sachsenhausen
für tot erklärt


Waller Heerstr. 28
Bremen-Walle

Rudolf Lange

Rudolf Lange

Carl Alfred Rudolf (auch Rudolph) Lange wurde am 13.11.1880 in Bremen geboren und wuchs in der Meyerstraße auf. Seine Eltern waren Carl Heinrich Christian Lange und Wilhelmine Christiane, geb. Groß. Nachdem Rudolf Lange kurzzeitig in Oldenburg gewohnt hatte, zog er am 30.1.1908 wieder nach Bremen. Von Beruf war er kaufmännischer Angestellter. Vor dem Ersten Weltkrieg gehörte er zum Bremer Infanterie Regiment Nr. 75. Am 9.10.1909 heiratete er Marie Caroline (genannt Lilli) Böhne, die am 1.6.1882 in Itzehoe geboren wurde. Vom Tag der Hochzeit an wohnten sie in der Waller Heerstraße 28. 1908 wurde die Tochter Christa geboren, Sohn Alex 1910 (gestorben 1959), Sohn Kurt 1917 (gefallen 1941). Die Familie war evangelischen Glaubens.

Rudolf Lange wurde am 23.1.1943 von der Gestapo Bremen verhaftet, wenige Tage später am 29.1.1943 entlassen, jedoch vom 5. 3.1943 bis 3.5.1943 erneut festgesetzt.

Ein Jahr später, am 23.6.1944, wurde er abermals durch die Gestapo Bremen verhaftet, am 19.8.1944 in das Arbeitserziehungslager (AEL) Farge eingeliefert und von dort am 2.12.1944 in das Konzentrationslager Sachsenhausen überstellt, wo er die Häftlingsnummer 118974 erhielt.

Im „Schutzhaftbefehl“ für Rudolf Lange ist vermerkt:

"Er gefährdet nach dem Ergebnis der staatspolizeilichen Feststellungen durch sein Verhalten den Bestand und die Sicherheit des Volkes und Staates, indem er dadurch, dass er ungeachtet früherer Beanstandungen und kurzfristiger Festnahmen Behörden beziehungsweise Dienststellen mit unsachlichen Eingaben, Beschwerden nach Querulantenart belastet, die Erledigung kriegswichtiger Arbeiten behindert und erwarten lässt, er werde in Freiheit sein abträgliches Tun fortsetzen."

Die Inhaftierung des Vaters sei von Anfang an völlig grundlos und unberechtigt gewesen, berichtet Langes Tochter im späteren Entschädigungsverfahren. Hintergrund sei zunächst eine unbegründete fristlose Entlassung bei Edeka Bremen gewesen, wo er 30 Jahre lang gearbeitet habe, zeitweise auch als Filialleiter. Er sei sehr verbittert über die Intrigen und Böswilligkeiten sowie die Untätigkeit der „nationalsozialistischen Organe“ gewesen und darüber, dass er dann beim Quartieramt in Bremen und beim Wehrmeldeamt in Lilienthal eingesetzt worden sei. Dort hätten Differenzen mit einem leitenden Major wohl dazu geführt, dass dieser seine „Überführung in ein Lager“ veranlasst habe. Ihr Vater, dieser „aufrechte Mann“ habe sich von einem „Ehren-und Disziplinargericht der nationalsozialistischen Arbeitsfront“ nachsagen lassen müssen, er sei ein „Psychopath“ und „Querulant“.

Am 24.12.1944 habe ihr Vater den ersten Brief aus Sachsenhausen geschickt. Auch aus Farge habe sie eine Reihe von Briefen erhalten. Die letzte Nachricht habe sie von ihrem Vater im Januar 1945 erhalten; sie war vom 7.1.1945 datiert. Sein weiteres Schicksal ist nicht bekannt.

In seinem Bescheid vom 20.1.1950 lehnte das Landesamt für Wiedergutmachung den Entschädigungsantrag der Tochter ab und begründete dies damit,

"[...] daß eine Anerkennung als politisch Geschädigte nach dem Entsch.gesetz § 1 nicht erfolgen kann, da Ihr verstorbener Vater selbst Mitglied der NSDAP war und somit dem Nationalsozialismus Vorschub geleistet hat. Des Weiteren teilen wir Ihnen hiermit mit, daß auf Grund unserer angestellten Ermittlungen festgestellt wurde, dass Ihr Vater wegen persönlicher Streitigkeiten unter ehem. PGs gelegentlich auch politische Äußerungen gemacht hat, die aber wohl nicht mit einem Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu tun hatten."

Rudolf Langes Frau Lilly war schon am 11.2.1943 gestorben „aus Sorge und Kummer um unseren Vater“, wie die Tochter 1950 an das Landesamt für Wiedergutmachung schrieb.

Franz Dwertmann (2019)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E2778, Einwohnermeldekartei
Archiv Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen
ITS Digital Archive, Bad Arolsen
Nolting-Hauff, Wilhelm: „IMI‘S“. Chronik einer Verbannung, Bremen 1946

Abbildungsnachweis: Privatbesitz

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Schutzhaft"
Glossarbeitrag Sachsenhausen