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Grete Harf, geb. Rose, *1881

deportiert 1941
ermordet in Minsk


Westerstr. 28
Bremen-Neustadt


Westerstr. 28 - Weitere Stolpersteine:


Grete Harf


Familienbiografie
Siegmund Harf
Grete Harf, geb. Rose

Siegmund Harf wurde am 20.5.1876 in Wickrath als Sohn von Lazarus Harf (1846 - 1931) und seiner Ehefrau Friederike, geb. Falk (gest. 1902) geboren. Die Familie Harf lebte seit 1878 in Syke und betrieb ein erfolgreiches Viehhandelsgeschäft. Das Ehepaar hatte vier Kinder: Siegmund, Emil (geb. 1878 in Grevenbroich), Johanne (geb. 1879 in Syke) und Rosa (geb. 1882 in Syke). Als sein Vater Lazarus am 28.10.1931 beerdigt wurde, berichtete die Syker Zeitung, dass er "unter großer Beteiligung aus allen Kreisen der Bevölkerung" zur letzten Ruhe geleitet worden war. Er war, wie auch seine Söhne, Mitglied des örtlichen Schützenvereins gewesen. Siegmund Harf besuchte von 1884 bis 1890 eine Privatschule in Syke. 1909 erwarb er dort das Anwesen Herrlichkeit Nr. 49.

Margarethe (gen. Grete) Rose wurde am 23.2.1881 in Hannover als Tochter von Simon und Bertha Rose geboren. Auch ihr Vater war Viehhändler. Sie heiratete 1903 in Hannover Siegmund Harf. Das Ehepaar hatte zwei Söhne, Erich (geb. 29.4.1905) und Fritz (geb.17.11.1907), beide in Syke geboren. Im April 1931 zog das Ehepaar nach Bremen, wo es ab November desselben Jahres bei ihrem Sohn Fritz, Am Dobben 150, später im Fedelhören 32 wohnte.

Siegmund Harf hatte das vom Vater gegründete Viehhandelsgeschäft vermutlich um 1900 übernommen und auf das ganze Reichsgebiet ausgeweitet. Es war eines der größten in Nordwestdeutschland. In Bremen führte Siegmund Harf seine Tätigkeit als Viehhändler fort, bis er am 4.12.1937 Berufsverbot erhielt. Er legte daraufhin Klage ein, zog diese aber am 17.7.1938 zurück. Die Einwohnermeldekarte führte ihn zuletzt als Arbeiter. Von seiner Ehefrau Grete ist bekannt, dass sie zur Zwangsarbeit verpflichtet wurde. Ab Oktober 1938 lebten sie bis zu ihrer Deportation in der Westerstraße 28.

Am 18.11.1941 wurden Siegmund und Grete Harf von Bremen aus in das Ghetto Minsk deportiert. Im selben Transport befanden sich auch ihr Sohn Erich mit seiner Ehefrau und den beiden Söhnen. Dort wurden alle ermordet: Sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die Ende Juli 1942 begannen.

Ihr Sohn Fritz lebte durch seine Heirat mit einer Protestantin in einer "privilegierten Mischehe" und war dadurch zunächst vor einer Deportation geschützt. Als dieser Schutz nicht mehr anerkannt war, sollte er im Februar 1945 in das Ghetto Theresienstadt deportiert werden. Er fand einen Weg dies zu verhindern: "Durch einen gewollten Unglücksfall versengte ich mir das Bein mit heissem Wasser, um mich dadurch der Deportation entziehen zu können. Mein Bein war dick geschwollen und lt. ärztlichem Attest von Dr. Neumark war ich transportunfähig." Er wurde daraufhin in ein Krankenhaus in Hamburg ein-gewiesen. Nach kurzer Genesungszeit entwich er und tauchte bis Kriegsende in Kirchseelte unter. Er verstarb 1969 in Bremen.

Auch die Geschwister Siegmund Harfs wurden Opfer des Holocaust: Johanne wurde am 31.3.1942 in das Ghetto Warschau deportiert, wo sich ihre Spur verliert; Rosa und ihr Ehemann Willi Deichmann wurden im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet, deren Sohn Kurt in Minsk. Nur Emil, mit einer Nichtjüdin verheiratet, überstand nach mehreren Lageraufenthalten die Zeit des NS-Terrors.

Peter Christoffersen (2020)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E4210, 4,54-E9975, 4,54-Rü5411, 4,54-Rü5412, Einwohnermeldekartei Greve, Hermann: Stolpersteine. Der Erinnerung einen Namen geben, Syke 2007

Abbildungsnachweis: Privat
(Von links n. rechts: Emil, Lazarus, Siegmund und Erich Harf; 1920er Jahre)

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Minsk