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Johannes Biesewig, *1868

Entrechtet/Gedemütigt
Tot 26.5.1938


Liegnitzstraße 17
Bremen-Gröpelingen

Verlegedatum: 29.05.2013


Liegnitzstraße 17 - Weitere Stolpersteine:


Johannes Biesewig

Johannes Biesewig

Familienbiografie
Johannes Biesewig
Auguste Biesewig, geb. Morgenstern

Johannes Biesewig kam am 16.9.1868 in Bremen zur Welt. Er war Sohn von Emil Biesewig und Ehefrau Susanne Johanne Elise, geb. Buchhorn, und evangelischen Glaubens. 1897 heiratete er Auguste (Guste) Morgenstern. Sie, jüdischen Glaubens, wurde am 3.11.1873 in Wriezen/Brandenburg als Tochter von Adolph Morgenstern und seiner Ehefrau Bertha, geb. Weingold, geboren. Sie war eines von zehn Geschwistern. Das Ehepaar hatte vier Kinder: die Zwillinge Gerhard und Bernhard (geb. 1898), Mathilde (geb. 1901) und Antonie (geb. 1905). Johannes Biesewig war zum Maschinenmeister ausgebildet, arbeitete aber als Lithograph und Steindrucker. Seine Frau war Perückenmacherin („Haararbeiterin“ lt. Bremer Adressbuch) wie ihr Vater, der im Steintor wohnte. Sie trat zum evangelischen Glauben über. Die Familie lebte bis 1938 in der Liegnitzstraße 17.

Nach den Überlieferungen in der Familie litt Johannes Biesewig sehr unter dem Verfolgungsdruck der Nationalsozialisten, dem seine Ehefrau und die Kinder ausgeliefert waren. Er verstarb am 26.5.1938. Nach dem Tod ihres Mannes zog Auguste Biesewig 1938 in die Glogauer Straße 30, wo sie bis zu ihrer Deportation wohnen blieb. Dort standen ihr ein Zimmer und eine Küche zur Verfügung. Mit dem Tod ihres Ehemannes verlor sie den Schutz der „privilegierten Mischehe“ und musste ab 1941 den Judenstern tragen. In den letzten Jahren ihres Lebens war sie krank und fast blind. Sie wurde am 23.7.1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort erlag sie am 12.12.1943 den Entbehrungen.

Ihre Vermieterin konnte sich noch erinnern, dass sich Auguste Biesewig am Deportationstag selbst zum Bahnhof zu begeben hatte. „Ich habe sie noch vor die Tür gebracht und sie ging dann allein fort.“ Ihr Sohn Bernhard muss bei der Abfahrt dabei gewesen sein, da er 1950 berichtete: „Aus Anlass des Abtransportes meiner Mutter nach Theresienstadt hatte ich am Morgen der Abfahrt eine Auseinandersetzung mit dem aufsichtführenden Gestapobeamten. Seitdem erfolgten ewige Vorladungen und Verhöre, Bespitzeleien bis auf den Arbeitsplatz.“

Nach der Deportation wurde ihr Eigentum beschlagnahmt. „Im Zuge des Abtransportes unserer Mutter wurde ohne unser Beisein die Wohnung mit sämtlichem Inventar von einem damals zuständigen Herrn aufgenommen, abgeschlossen und die Schlüssel in einem versiegelten Kuvert der Hauseigentümerin übergeben. Nach einem Vierteljahr sind die Möbel mit unbekanntem Ziel abgeholt worden.“

Der Sohn Bernhard arbeitete im Staatsdienst und wurde 1935 nach dem Erlass der Nürnberger Gesetze als „Halbjude“ entlassen. Von 1938 bis 1944 fand er Arbeit bei der AG „Weser“, bis er auf Anordnung der Gestapo auch dort entlassen werden musste. Im September 1944 kam er in das Arbeitserziehungslager Farge und später in das Konzentrationslager Duingen. Er kehrte 1945 nach Bremen zurück. Sein Zwillingsbruder Gerhard war in Hamburg Direktor eines Rüstungsbetriebes und blieb vor Verfolgungen verschont. Die Schwestern Mathilde (verh. Bull) und Antonie (verh. Urban) waren mit Nichtjuden verheiratet und wurden in den letzten Kriegsjahren zur Zwangsarbeit bei der Fa. Krupp (Norddeutsche Hütte) verpflichtet.

Peter Christoffersen (2019)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E3921, 4,54-E432, 4,54-Ra5658, Einwohnermeldekartei
Arbeitskreis (Hrsg.): Lebensgeschichten, Schicksale Bremer Christen jüdischer Abstammung nach 1933, Bremen 2009 (2)

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Rassengesetzgebung
Glossarbeitrag Theresienstadt