Sie befinden sich hier | Kapitelüberschrift  Stolpersteine Biografie
Schriftgroesse verkleinern Schriftgroesse normal Schriftgroesse vergrössern
Diese Seite ausdrucken

Else Platzer, geb. Baron, *1892

DEPORTIERT 1941
ERMORDET IN MINSK


Wegesende 5
Bremen-Mitte

Verlegedatum: 03.03.2014


Wegesende 5 - Weitere Stolpersteine:


Else Platzer

Else Platzer

Familienbiografie
Julius Platzer
Else Platzer

Im Jahr 1902 wurden Julius Platzer die Bremer Bürgerrechte verliehen. Die Anerkennung als gleichberechtigtes Mitglied dieser Bürgergesellschaft währte gerade mal 30 Jahre.

Der Kaufmann Julius Platzer, geb. 1.4.1880 in Berlin, war seit 1894 in Bremen gemeldet. Vermutlich kamen seine Eltern, Simche (1851-1921) und Helene Platzer, geb. Knopp (1852-1917), zu diesem Zeitpunkt nach Bremen, da sie im Adressbuch von 1895 erstmals erwähnt werden. Sein Vater führte ein Agenturgeschäft. Er selbst war mit Else Baron, geb. 3.5.1892 in Berlin, verheiratet. Ihre Verheiratung fand 1913 in Berlin statt. Das Ehepaar, jü­dischen Glaubens, blieb kinderlos und lebte zuletzt von 1934 bis 1941 in Wegesende 5.

Im Adressbuch ist Julius Platzer erstmals 1906 mit einem Geschäft für Reiseutensilien, Uhren- und Goldwaren erwähnt. Ab 1919 betrieb er eine Warenagentur und Kommissi­on en gros und hatte einen Automobilvertrieb. Weiter war er als Geld- und Häusermak­ler tätig. Die Maklertätigkeit betrieb er ab 1925 mit dem Kompagnon Paul August Her­mann Erle. Mit dem Beginn der nationalsozialistischen Machtübername litt das Geschäft zunehmend unter Einschränkungen. 1935 wurde in der Broschüre der Kreisleitung der NSDAP „auch dich geht es an“ zum Boykott seines Büros aufgerufen. Von diesem Zeit­punkt an kam sein Maklerbetrieb zum Erliegen, spätestens 1938 war Julius Platzer aus seiner Tätigkeit verdrängt und lebte von einer kleinen Rente.

Seinen sozialen Abstieg und seine Ausgrenzung belegt eines der Dokumente, von de­nen aufgrund der Kriegsereignisse in Bremen nur wenige erhalten geblieben sind. Am 23.9.1939 wurde Julius Platzer vom Oberfinanzpräsidenten aufgefordert sein Vermögen zur Durchführung der Sicherungsanordnung (Entzug der Verfügungsgewalt) aufzulisten. Es wurden keine Werte angegeben mit der handschriftlichen Begründung: „ Die Siche­rungsanordnung trifft auf uns nicht zu, da wir unter der Freigrenze liegen; ich selbst war bis Dezember 1938 Kleinrentner und werde seit Januar 1939 von der jüdischen Gemeinde unterstützt“. Am 30.8.1941 musste das Ehepaar seine Wohnung verlassen und in das „Judenhaus“ Feldstraße 27 einziehen.

Am 18.11.1941 wurden Julius und Else Platzer in das Ghetto Minsk deportiert. Dort wur­den sie ermordet: sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die einen Höhepunkt in der Vernichtung des überwiegenden Teils der Bewohner des Sonderghettos am 28./29.7.1942 fanden.

Peter Christoffersen (2015)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E9414, 4,54-E9415, 4,54-Rü6253, Einwohnermeldekartei, AB-9997-2a „auch dich geht es an“
Bremer Adressbuch

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Minsk