Hugo Meyer, *1893
„SCHUTZHAFT“ 1938 SACHSENHAUSEN , DEPORTIERT 1941
ERMORDET IN MINSK
Faulenstraße 26/28
Bremen-Mitte
Verlegedatum: 03.03.2014
Faulenstraße 26/28 - Weitere Stolpersteine:
Hugo Meyer
Familienbiografie
Hugo Meyer
Lothar Meyer
Im November 1938 gelang es Ferdinand Meyer aus Deutschland in die USA zu flüchten. Warum blieben seine beiden jüngeren Brüder Hugo und Lothar in Bremen? Eine Frage, die heute nur noch spekulativ beantwortet werden kann.
Ihre Eltern Moritz Meyer (1865-1917) und Minna, geb. Kaiser (1864-1942), hatten insgesamt vier Kinder: Feodore (geb. 1890 in Münden), Ferdinand (geb. 1895 in Münden), Hugo (geb. 6.6.1893 in Münden) und Lothar (geb. 4.10.1898 in Blumenthal).
Hugo und Lothar haben in Blumenthal die Volksschule besucht. Während Hugo anschließend eine Lehre als Textilverkäufer absolvierte, besuchte Lothar in Bremen die Realschule bis zur Mittleren Reife. Anschließend ging er bei seinem Bruder Ferdinand, der Getreidemakler war, in die Lehre. Er hatte 1917 das Kontor seines verstorbenen Vaters übernommen. Ab Dezember 1931 inserierte er im Jüdischen Gemeindeblatt erstmals als Versicherungsvertretung und ab April 1932 als Zeitschriftenvertrieb. Ab 1934 übernahm er auch die Anzeigenannahme für das Gemeindeblatt.
Hugo Meyer fand nach seiner Ausbildung Arbeit in Hamburg, Hannover und Bremen, hier unter anderem bei der Karstadt AG und der Fa. Koopmann. Vom 11.5.1927 bis zum 30.9.1938 war er selbständiger Großhändler für Zigaretten und Zigarren. Bis Dezember 1933 hatte er eine Vertretung für die Fa. Reemtsma, Hamburg. Vermutlich wegen rückläufiger Einnahmen meldete er am 3.12.1936 ein weiteres Gewerbe an: „Vertretung für Versicherungen“. Beide Erwerbsmöglichkeiten musste er am 30.9.1938 einstellen.
Lothar Meyer wurde nach seiner Ausbildung von seinem Bruder Ferdinand in seiner Firma als Prokurist eingesetzt. Vermutlich aufgrund des Geschäftsrückgangs durch die zunehmenden Boykottmaßnahmen verließ er das Unternehmen seines Bruders und war von Oktober 1933 bis 1936 als Vertreter im Zeitschriftenhandel bei der Firma Salomon in der Kaiserstraße 14 beschäftigt. Da er vermutlich keine neue Anstellung mehr fand, meldete auch er vom 2.12.1936 bis zum 19.1.1939 ein Gewerbe als „Vertreter in Versicherungen“ an.
Nach der wirtschaftlichen Ausgrenzung wurde die weitere Verfolgung für die Brüder lebensbedrohlich. Vermutlich war Hugo Meyer schon im Laufe des Jahres 1938 kurz im KZ Sachsenhausen, da sich sein Name in der Datenbank der entlassenen KZ-Häftlinge (22.8.1938) befindet. Ob er in „Schutzhaft“ oder im Zuge der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ inhaftiert worden war, ist nicht bekannt. Seine Freiheit währte nicht lange. In der Novemberpogromnacht 1938 wurden alle drei Brüder verhaftet und im KZ Sachsenhausen interniert. Ferdinand wurde aber bereits nach 16 Tagen entlassen, da er inzwischen ein Einreisevisum für die USA erhalten hatte. Hugo kam am 16.12.1938 und Lothar erst am 18.1.1939 frei. Am 28.11.1938 verließ Ferdinand mit seiner Ehefrau und drei Kindern Deutschland. Die anderen Brüder hatten nach ihrer Entlassung Zwangsarbeiten zu verrichten. Lothar arbeitete vom 10.6.1940 bis 26.4.1941 in der Wäscherei Schleff in Woltmershausen.
Die Brüder wohnten ab 29.9.1930 in der Faulenstraße 26/28 mit ihrer Mutter in einer 5-Zimmerwohnung, die sie zum Jahresende 1940 verlassen mussten. Die Männer kamen am 2.1.1941 in das „Judenhaus“ Wiesenstraße 2, ihre Mutter zog zur Tochter Feodore, verheiratete Schloss, nach Hamburg-Harburg.
Dem großen Transport der bremischen Juden am 18.11.1941 nach Minsk gehörten auch Hugo und Lothar Meyer an. Nach vier Tagen Fahrt erreichte der Zug Minsk. Sofort nach der Ankunft wurden alle Deportierten im abgeriegelten Ghetto untergebracht. Sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die einen Höhepunkt in der Vernichtung des überwiegenden Teils der Bewohner des Sonderghettos am 28./29.7.1942 fanden.
Ihre Mutter Minna Meyer schloss sich freiwillig der Hamburger Deportation nach Minsk an, nachdem ihre Tochter Feodore mit ihrer Familie (Ehemann mit zwei Kindern) die Deportationsbescheide erhalten hatten. Sie wurden schon am 8.11.1941 von Hamburg aus nach Minsk deportiert und verloren dort ihr Leben. Für sie wurden 2006 in Hamburg-Harburg Stolpersteine verlegt.
Auf dem jüdischen Friedhof in Bremen-Hastedt steht ein Gedenkstein für die gesamte Familie Meyer.
Peter Christoffersen (2015)
Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E11021, 4,54-E9933, Einwohnermeldekartei
Bundesarchiv, Gedenkbuch - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945
Rohdenburg, Günther / Karl-Ludwig Sommer, Erinnerungsbuch für die als Juden verfolgten Einwohner Bremens, 2006
Rohdenburg, Günther (Bearb.), „Judendeportationen“ von Bremerinnen und Bremern während der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, Bremen 2006
www.ushmm.org (Holocaust Survivor & Victim Database Washington)
www.stolpersteine-hamburg.de
Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Sachsenhausen
Glossarbeitrag Minsk

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