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Friedrich Rottländer, *1871

EINGEWIESEN 1939 NERVENKLINIK, „VERLEGT“ 13.8.1942 HEILANSTALT HADAMAR, ERMORDET 22.10.1942


Stiftungsweg 2 (Egestorff-Stiftung)
Bremen-Osterholz

Verlegedatum: 30.09.2021


Stiftungsweg 2 (Egestorff-Stiftung) - Weitere Stolpersteine:


Friedrich Rottländer


Friedrich Ludwig Rottländer kam am 3.12.1871 in Bremen als Sohn des Lehrers Carl Gottfried Rottländer und seiner Frau Luise Henriette Rottländer, geb. Heilmann, zur Welt. Nach dem Abitur begann er ein Studium der Philologie, doch schon 1898 entwickelte sich bei ihm eine „hebephrene Schizophrenie“, die vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auftritt. Anfang März 1902 wurde er in der 1851 gegründeteten „Irrenanstalt“ des Krankenhauses in der Bremer St.-Jürgen-Straße aufgenommen und am 20.5.1902 wieder entlassen.

Am 22.08.1902 wurde er zum zweiten Mal eingewiesen. Im Bericht des Arztes heißt es: „Er fühle sich zuweilen so schwach, dass er der Bettruhe bedürftig sei. Pat. macht den Eindruck einer alten widerspenstigen Dementia praecox, er spricht merkwürdig geziert, lispelnd und schnüffelnd. Während des Gartendienstes steht er immer mitten auf dem Rasen, bald das eine, bald das andere Bein erhebend.“

Am 2.12.1902 erfolgte seine Entlassung nach Bethel (Bielefeld). Hier war er bis Februar 1905 zunächst im Haus Pella untergebracht, wo leicht nervenkranke Männer lebten. Am 27.3.1906 kehrte er zurück nach Bremen. Wo er in den Jahren zwischen 1906 und 1922 lebte, ist nicht klar. Im Februar 1913 starb sein Vater in Bremen, im Februar 1921 seine Mutter in Köslin.

Am 1.11.1922 zog er ins Altenheim der Egestorff-Stiftung, wo er fast 17 Jahre lebte. Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs erfolgte am 28.8.1939 die Räumung des Altenheims für Lazarettzwecke, und Friedrich Rottländer wurde zusammen mit anderen Bewohnern in die Bremer Nervenklinik gebracht. Seine Aufnahme erfolgte im Haus 14, zwei Monate später wurde er in das Gesellschaftshaus verlegt.

Am 2.9.1939 schrieb sein Bruder aus Köslin an den damaligen Leiter der Bremer Nervenklinik (Dr. Theodor Steinmeyer):
"Sehr geehrter Herr Direktor! Zu meiner Bestürzung erhielt ich die Mitteilung, daß mein Bruder Friedrich Rottländer aus dem Altenheim der Egestorff-Stiftung in die Heilanstalt hat überführt werden müssen. Sie würden mich zu lebhaftem Dank verpflichten, wenn Sie mir die Veränderung in seinem Zustand, die bisher wunderlich und menschenscheu, aber nicht geisteskrank war und nach den Mitteilungen des Herrn Vorstandes des Altenheims und meinen eigenen Wahrnehmungen bei meinem Besuch im September vorigen Jahres zu Besorgnissen keinen Anlaß zu bieten schien, angeben und eventuell erklären könnten. Mit vorzüglicher Hochachtung. Ihr ganz ergebener Professor Rottländer, Studienrat i.R."

Im Sommer 1940 hieß es in seiner Krankenakte: „Körperlich jetzt ziemlich hinfällig, liegt deshalb meist zu Bett. Liest sehr viel, ist an den Kriegsereignissen lebhaft interessiert.“ Am 13.8.1942 wurde Friedrich Rottländer in die Provinzial Heil- und Pflegeanstalt Hadamar überführt. Nur zwei Monate später war er tot. Der letzte Eintrag in der Krankenakte lautete: „Kam in elendem Zustand hier an. Erholte sich nicht mehr. Heute exitus an Marasmus-senilis.“

(Anmerkung: Hebephrene Schizophrenie = desorientierte Schizophrenie; Marasmus-senilis = Altersschwäche)

Gerda Engelbracht (2023)

Informationsquellen:
Archiv Klinikum Bremen-Ost, Krankenakte A 27/35
Hauptarchiv v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel, Meldekartei
StA Bremen Einwohnermeldekartei
Landeswohlfahrtsverband Hessen Best. 12, K 1435

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Heilanstalten"