Biografie im Erinnerungsportal, kein Stolperstein vorhanden
Julie Mehrgut, geb. Loewenbaum, *1899
1941 deportiert Ghetto Minsk, Ermordet
Bremen-Mitte
ehemalige Straßenbezeichnung: Faulenstraße 132/134
Julie Mehrgut
Familienbiografie
Wilhelm Mehrgut
Julie Mehrgut, geb. Loewenbaum
Wilhelm Mehrgut kam am 26.7.1891 in Münstereifel zur Welt. Seine Eltern waren Jakob und Bertha, geb. Herz. Wilhelm hatte eine Schwester, Franziska Johanna, die 1892 geboren wurde, ihr Leben lang bei den Eltern wohnte und 1941 starb.
Die Familie zog 1897 nach Bremen. Sie wohnte zuerst in der Gartenstraße 6 in der Nähe der Synagoge, später am Herdentorsteinweg 34. Wilhelms Vater, Jakob Mehrgut, war als Schulleiter der Religionsschule berufen worden, die er "auf ein höheres Niveau bringen" sollte. Er war darüber hinaus Kantor der Gemeinde sowie als Vorbeter ständig gefordert und übte das Amt des Schachet (Schächtbeamter) aus. Nach dem Tod des Rabbiners Rosenak übernahm er sogar vertretungsweise dessen Funktion. Er amtierte 35 Jahre hochangesehen in der Gemeinde und starb am 11.3.1933. "Unvergessen durch seine Bescheidenheit und seinen Eifer für die heilige Aufgabe des Dienstes", schrieb Max Markreich. Markreich bedauert, dass zu diesem Zeitpunkt schon keine Todesanzeige für ihn mehr in den Bremer Tageszeitungen veröffentlicht werden konnte.
Jakob Mehrguts Sohn Wilhelm war ebenfalls Musiker. Er heiratete Julie (Julia) Loewenbaum am 25.9.1940 in Bremen. Julie war am 9.4.1899 in Neuwied, Kreis Koblenz, geboren worden. Ihre Eltern waren Siegbert und Jeanette, geb. Weil. Julie war vorher bereits zwei Mal verheiratet gewesen (ihre erste Ehe - mit Ludwig Wendt - wurde schon im Alter von 19 Jahren geschieden, der zweite Ehemann war Johann Heck). Julie Heck war 1938 aus Warburg nach Bremen gekommen und wohnte in der Bismarckstraße. Von Beruf war sie Näherin.
Wilhelm war ebenfalls schon vorher verheiratet, seit 1926 mit Luise, geb. Adolph, die evangelisch war. Sie lebten im Schnoor 35. Aus der Ehe ging 1927 der Sohn Friedrich hervor; dieser starb 1934. Der Sechsjährige wurde wie sein Großvater auf dem Jüdischen Friedhof in Hastedt beerdigt. Danach war die Ehe der Eltern nicht mehr glücklich. Luise zog 1935 zurück zu ihren Eltern und lernte einen anderen Mann kennen. Am 18.1.1936 wurde ihre Ehe mit Wilhelm Mehrgut geschieden. Luise zog 1938 nach Meschede.
Nach der Reichspogromnacht 1938 war Wilhelm Mehrgut bis zum 12. Dezember im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert. Ab Oktober 1939 bis Februar 1940 befand sich Wilhelm Mehrgut im Strafgefängnis Vechta/Arbeitshaus.
Von September 1940 an lebte das Ehepaar Julia und Wilhelm Mehrgut in der Faulenstraße 132/134 bei der Wwe. Harzog Rothschild – bis beide zusammen mit über 400 weiteren Bremer Juden am 17.11.1941 nach Minsk deportiert wurden. Sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die Ende 1942 begannen.
Wilhelm Mehrguts Mutter Bertha lebte seit April 1941 im Jüdischen Altersheim in Bremen-Gröpelingen und wurde am 23.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 5.2.1944 starb. Julie Mehrguts Geschwister Alfred und Ida fielen ebenfalls der Shoa zum Opfer. Ihre Mutter Jeanette Loewenbaum wurde am 27.9.1942 von Darmstadt aus in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie am 5.10.1942 starb.
Für Julie Loewenstein wurde ein Stolperstein in Neuwied verlegt.
Die Verlegung eines Stolpersteines für das Ehepaar in Bremen ist nicht möglich, weil die frühere Bebauung und Straßenführung nicht mehr besteht.
Franz Dwertmann (2025)
Quellen
StA Bremen Einwohnermeldekartei
Markreich, Max: Geschichte der Juden in Bremen und Umgebung, Bremen 2009
www.stolpersteine-neuwied.de
Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Minsk

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