Sie befinden sich hier | Kapitelüberschrift  Erinnerungsportal | Biografie
Schriftgroesse verkleinern Schriftgroesse normal Schriftgroesse vergrössern
Diese Seite ausdrucken

Biografie im Erinnerungsportal, kein Stolperstein vorhanden

Wilhelm Schäfer, *1890

Zeuge Jehovas, Verurteilt 1938, Stadtgefängnis Vechta,
Gefängnislazarett Hamburg, Tot 1.3.1940



Bremen-Burglesum

Wilhelm Schäfer

Friedrich Wilhelm Schäfer wurde am 25.9.1890 in Salza als Sohn von Friedrich Wilhelm und Alwine Schäfer, geb. Ballhause geboren. Im Alter von sechs Jahren kam er 1896 in die Volksschule, die er mit 14 Jahren abschloss. Es folgten eine Lehre als Zimmerer in Bremen und im in Anschluss Anstellungen in mehreren Betrieben in Bremen. Von 1911 bis 1913 diente Wilhelm Schäfer im Harzburger Pionierbatallion. Am Ersten Weltkrieg nahm er nicht aktiv teil. 1918 schloss er sich dem Holzarbeiterverband an, dem er bis 1933 angehörte. Außerdem war er von 1927 bis 1929 Mitglied der SPD.

Am 6.5.1911 hat er Maria Henriette Bullwinkel aus Hasenbühren geheiratet. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor: Hermann Wilhelm (1910), Hinrich (1911), Hans Moritz (1916), Friedrich Hinrich (1919) und Marie Alwine Rebecka (1920). Hans Moritz und Friedrich Hinrich starben 1941 im Zweiten Weltkrieg in Russland.

Friedrich Wilhelm und Alwine waren aktive Mitglieder der Bibelforscher, später Zeugen Jehovas genannt. Wilhelm Schäfer war innerhalb der Vegesacker Gruppe Leiter der Zelle 1. Zu seinen Aufgaben gehörte die Auslieferung des Wachtturmes und anderer Publikationen an Mitglieder.

Am 20.7.1937 erfolgte die Verteilung des „Offenen Briefes an das bibelgläubige und Christus liebende Volk Deutschlands“. Hierin wurde die Verfolgung und Unterdrückung der Zeugen Jehovas in Deutschland durch die „gegenwärtige unchristliche und bibelfeindliche Regierung“ angeprangert. Daraufhin kam es zu einer von mehreren Verhaftungswellen durch die Gestapo. Zeugen Jehovas wurden in „Schutzhaft“ genommen und misshandelt. Am 26.7.1938 wurden 28 Mitglieder dieser Religionsgemeinschaft vom Hanseatischen Sondergericht in Bremen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Der Prozess fand ein großes Presseecho, u.a. in der Bremer Zeitung, die am 30.7.1938 vom „illegalen Treiben [der Zeugen] unter geschickter Tarnung“ schrieb und euphorisch berichtete, dass die „Staatspolizei einige Nester ausheben“ konnte.

Wilhelm Schäfer wurde am 24.1.1938 von den Polizeibeamten Herlein, Simon und Rolfing, deren Aufgabenschwerpunkt religiöse Gruppen in Bremen waren, in „Schutzhaft“ genommen und in Bremen inhaftiert. Er wurde im o.g. Prozess wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 2 Jahren und eineinhalb Monaten Gefängnis verurteilt. Die Haft verbrachte er zuerst im Stadt-gefängnis Vechta (13.8.1938 bis 14.4.1939). Aufgrund gesundheitlicher Probleme wurde er am 14.4.1939 in das Hamburger Gefängnislazarett verlegt. Am 17.6.1939 setzte er die Haft in Vechta fort, bevor er am 26.1.1940 erneut in das Lazarett in Hamburg eingewiesen wurde, wo er in den frühen Morgenstunden des 1.3.1940 verstarb.

Die Verlegung eines Stolpersteins für Wilhelm Schäfer ist zurzeit aufgrund der Straßenverhältnisse in der ehemaligen Birkenstraße, heute Am Moor, nicht möglich.

Michael Berthold (2024)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E6076, Einwohnermeldekartei
Michael Berthold, Durch die Kraft des Herrn voll und ganz gefasst – Die Bremer Zeugen Jehovas unter dem NS-Regime, in: Stolpersteine in Bremen: Biographische Spurensuche - Bd. 6 Neustadt, 2020
Inge Marßolek / René Ott, Bremen im 3. Reich – Anpassung – Widerstand, Verfolgung, Bremen 1986