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Fritz de Haas, *1925

deportiert 1941
ermordet in Minsk


Admiralstr. 23
Bremen-Findorff


Admiralstr. 23 - Weitere Stolpersteine:


Fritz de Haas


Familienbiografie
Bernhard de Haas
Helene de Haas, geb. Gimnicher
Fritz de Haas
Ruth de Haas

Bernhard de Haas kam am 21.12.1882 in Wildeshausen als Sohn von Abraham de Haas (geb. 1843 in Uchte) und seiner Ehefrau Betty, geb. Neublum (geb. 1842 in Harpstedt) zur Welt. Er wuchs mit vier Geschwistern auf. 1912 heiratete er Helene de Haas, Tochter des Tuchhändlers Joseph Gimnicher (geb. 1848 in Oedt) und seiner Frau Sara, geb. Levy (geb. 1855 in Viersen), geboren am 16.3.1883 in Krefeld, wo sie auch aufwuchs. Sie war mittleres Kind in einer Familie mit sieben Kindern; ihr Bruder Friedrich starb im Ersten Weltkrieg. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor: Betty (geb. 1913), Erna (geb.1920), Fritz (geb. 1925) und Ruth (geb.1927).

Bernhard de Haas führte in Wildeshausen ein Viehhandelsgeschäft und konnte sich nur schwer gegen die Konkurrenz behaupten – zwischen 1910 und 1914 gab es sieben jüdische und sechs christliche Viehhändler im Ort. Einen Nebenverdienst suchte er mit einem Produktenhandel (landwirtschaftliche Produkte wie Viehfutter, Getreide u.ä.) zu erlangen.

Er nahm am Ersten Weltkrieg teil und erhielt 1917 das „Eiserne Kreuz“. Nach Kriegsende war er als Viehhändler tätig. Als Beisitzer im Gemeindevorstand engagierte er sich für die jüdische Gemeinde in Wildeshausen. Die Inflation in Deutschland belastete sein Geschäft schwer; ebenso die spätere Weltwirtschaftskrise. 1929 kam es zur Zwangsversteigerung seines Hauses, das zunächst seine Ehefrau erwerben konnte, doch 1933 wurde es erneut zwangsversteigert. Da sich die wirtschaftliche Situation der Familie weiter verschlechterte, zogen die Töchter Betty und Erna nach Lübeck, später emigrierten sie nach England.

Ihre jüngeren Geschwister Fritz und Ruth besuchten ab 1937 die jüdische Volksschule in Oldenburg, die eingerichtet worden war, weil der Besuch staatlicher Schulen für jüdische Kinder immer unerträglicher wurde. Um ihren Kindern den Schulbesuch in Oldenburg zu ermöglichen, brachten die Eltern die Geschwister dort in Pflegefamilien unter. Die Schule wurde 1940 aufgelöst wurde, damit endete ihre Schulzeit. Ende März 1940 wurde die Familie de Haas aus ihrer Heimatstadt vertrieben (siehe Glossar Vertreibung der Juden). Sie zog nach Bremen in die Admiralstraße 23 zu Minna Renberg, Schwester von Bernhard de Haas, und deren Ehemann Siegfried Renberg (siehe Personenregister).

Von Sommer 1940 bis Mai 1941 machte Fritz eine Schlosserlehre in Hamburg, wohl in einer jüdischen Ausbildungseinrichtung. Er wohnte erneut bei seiner Oldenburger Pflegefamilie, die zwischenzeitlich nach Hamburg gezogen war.

Am 18.11.1941 wurden Bernhard, Helene, Fritz und Ruth de Haas in das Ghetto Minsk deportiert und ermordet: Sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die Ende Juli 1942 begannen.

Auch die beiden Brüder von Bernhard de Haas, Moritz (geb. 1884) und Iwan (geb. 1877), wurden mit ihren Familien in das Ghetto Minsk deportiert und ermordet. Sein Bruder Siegmund (geb. 1876) fiel in Riga der Verfolgung zum Opfer; seine Schwester Minna floh nach Belgien und überlebte. Beide Eltern von Helene de Haas kamen im Ghetto Theresienstadt um, ihr Bruder Salomon (geb.1881) mit seiner Familie im Ghetto Izbica, der Bruder Albert (geb. 1887) in Riga, die Schwester Rosa (geb. 1892) in Auschwitz. Nur ihre Brüder Sally (geb.1878) und Julius (geb.1888) konnten ihr Leben durch Emigration retten: Julius überlebte in Shanghai, Sally in den Niederlanden im Versteck.

Die älteren Töchter der Familie de Haas - Betty, verh. Neuberger, und Erna, verh. Löwenstein - wanderten 1946 aus England in die USA weiter.

Peter Christoffersen/Christine Nitsche-Gleim/Peter F. Zimmermann (2019)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E9874, 4,54-E9931, 4,54-E11918, 4,54-E11919, Einwohnermeldekartei
Meiners, Werner: Geschichte der Juden in Wildeshausen, Oldenburg 1988
Paulsen, Jörg: Erinnerungsbuch. Ein Verzeichnis der von der nationalsozialistischen Judenverfolgung betroffenen Einwohner
der Stadt Oldenburg, Bremen 2001

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Judenvertreibung Ostfriesland / Oldenburg
Glossarbeitrag Minsk