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Richard Heller, *1908

Zuchthaus Hamburg-Fuhlsbütttel
hingerichtet 6.7.1944


Hanse-Str./Ecke Landwehrstr./neben Haltestelle
Bremen-Walle
ehemalige Straßenbezeichnung: Hansestr. 201

Richard Heller

Richard Heller

Otto Richard Heller wurde am 26.10.1908 in Dessau geboren. Seine Mutter war die Arbeiterin Anna Olga Martha Konczala. Sie war zum Zeitpunkt der Geburt unverheiratet. Im Jahre 1920 heiratete sie Heinrich Heller. Dieser erteilte ihm 1923 seinen Familiennamen. Die Familie lebte zu diesem Zeitpunkt in Schönebeck/Elbe.

1931 kam Richard Heller zunächst für zwei Jahre nach Bremen, lebte zeitweise auch in Delmenhorst, ging Ende 1933 nach Hamburg. Am 1.7.1939 heiratete er dort Wilhelmine Berta Först, geboren 1913 in Tungendorf (Kreis Neumünster). Wilhelmine („Mimi“) Först war Putzmachermeisterin und hatte bis 1933 bereits in Bremen gelebt, zog dann nach Hamburg und kam mit ihrem Mann 1942 nach Bremen zurück. Sie wohnten in der Hansestraße 201 (heute Hansestraße/Ecke Landwehrstraße/neben Haltestelle). Das Ehepaar hatte einen Sohn Klaus, der 1943 geboren wurde.

Richard Heller arbeitete als Knecht in einer Brauerei, im Steinbruch und auf dem Bau. In der Totenbiografie der „Hilfsstelle für K.Z.-Entlassene Bremen“ heißt es, dass er „schon als Jugendlicher zur Arbeiterbewegung [kam]. Sport und Politik waren sein Inhalt. Schlechte häusliche Verhältnisse ließen ihn schnell reifen. Als 18-Jähriger verließ er das Elternhaus, um nach Wuppertal zu gehen. Als Arbeitsmann in einigen Betrieben nahm er am Kampf der Arbeiterschaft teil“. 1929 trat er in Wülfrath der KPD bei und wurde von der Partei ein Jahr später nach Bremen geschickt. Im Mai 1931 wurde er Sekretär der KPD-Bezirksleitung Nordwest. 1932 leitete er in Bremen den Kampfbund gegen den Faschismus, einer von der KPD eingerichteten Nebenorganisation, deren Aufgabe es war, auf legalem Boden öffentlich sichtbar den Nationalsozialisten entgegenzutreten. In einigen Dokumenten wird Heller auch als „Sekretär der RGO“ bezeichnet. Die Revolutionäre Gewerkschafts-Opposition ging seit Ende der 1920er Jahre auf Distanz zu den sozialdemokratisch dominierten Gewerkschaften des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes. Hellers Frau Wilhelmine war von 1928 bis 1933 im Kommunistischen Jugendverband und im Bekleidungsarbeiterverband.

Am 4.3.1933 wurde Richard Heller verhaftet. Es begann eine Odyssee durch Haftstätten: Zuerst saß er im Gefangenenhaus Bremen-Ostertor ein, anschließend war er im Konzentrationslager Mißler und und ab September 1933 im Fort Langenlütjen interniert („Schutzhaft“). Nach seiner Entlassung am 22.12.1933 ging er nach Hamburg zu seiner Verlobten. 1934/35 war er bei der Fa. Karl Spaeter als Maschinenarbeiter tätig. Heller war in Hamburg an der Organisation des Widerstandes von Hafenarbeitern beteiligt. Am 10.2.1935 wurde er erneut verhaftet und in das Zuchthaus Hamburg-Fuhlsbüttel gebracht. Wegen „Fortführung der Kommunistischen Partei“ verurteilte ihn das Hanseatische Oberlandesgericht zu vier Jahren Zuchthaus, die er in Bremen im Zuchthaus Oslebshausen absaß.

Nach Verbüßung der Haftstrafe arbeitete Heller von 1939 bis 1942 als Betonfacharbeiter. Im Februar 1939 schloss er sich der Widerstandsgruppe unter Bernhard Bästlein, Franz Jacob und Robert Abshagen an, die im gesamten Küstenraum aktiv war. Im Sommer 1942 organisierte er illegale Betriebsgruppen in Bremen. Die Widerstandsgruppe wurde jedoch denunziert, Richard Heller am 20.10.1942 erneut verhaftet, zunächst ins KZ Sachsenhausen gebracht, dann zurück nach Hamburg, wo er am 5.5.1944 zum Tode verurteilt wurde.

Später schrieb seine Frau über diese Zeit:

"Dann ging es Schlag auf Schlag. 19. Juli 1943 Klaus geboren; der Hamburger große Angriff [Feuersturm vom 28.7. F.D.] veranlassten die Untersuchungsgefängnis Verwaltung dazu, die Gefangenen acht Wochen zu beurlauben. Mein Mann kam 14 Tage nach der Geburt, fand Frau und Kind krank vor. Die Bremer Gestapo (Herrlein & Frieden) holten ihn nach acht Tagen wieder. Danach hatte ich den ersten Herzanfall und konnte nicht mehr stillen. Ich selbst glaubte, es sei zu Ende. Nach dem ersten Besuch wieder in Hamburg offenbarte mir mein Mann, er käme nicht wieder [...]. Am Tag meiner Heimkunft waren wir noch dazu ausgebombt. Mit einem Schlage war alles weg."

Später schrieb sie: „Mann hingerichtet, Existenz, Geschäft & Wohnung…Totalschaden.“

Vor seiner Hinrichtung am 6.7.1944 rief Heller seine Genossen im Zuchthaus Hamburg- Fuhlsbüttel dazu auf, den Mut nicht zu verlieren, die Herrschaft der Henker habe bald ein Ende. Dies berichteten später Mithäftlinge.

Richard Hellers Frau Wilhelmine betrieb seit 1942 ein Putzmachergeschäft in Bremen. Sie starb 2010 in einem Seniorenwohnheim.

Franz Dwertmann (2019)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E131, 4,54-E11698, Einwohnermeldekartei
Gäbelein, Raimund: Stolperstein für Richard Heller, in: „Der Bremer Antifaschist“, Juli 2004
Hundertmark, Willy/ Pfarr, Jakob (Hrsg.): Antifaschistischer Widerstand 1933-1945 in Bremen, Bremen 1974
Stadtarchiv Dessau-Roßlau, Auskunft
Sommer, Karl-Ludwig/Müller, Hartmut: Bremer Arbeiterbewegung 1918 - 1945, trotz alledem, Katalogbuch zur gleichnamigen
Ausstellung im Bremer Rathaus, Berlin 1983

Abbildungsnachweis: Privatbesitz

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Haftstätten in Bremen
Glossarbeitrag Politisch Verfolgte