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Richard Förster, *1887

deportiert 10.7.1940 KZ Mauthausen
tot 10.11.1940


Liegnitzstr. 39
Bremen-Gröpelingen

Richard Förster


Hermann Richard Förster wurde am 20.2.1887 im niederschlesischen Dorf Alt Tschau/ Kreis Freystadt (heute Stare Zabno/Polen) geboren. Seine Eltern waren Wilhelm Förster und Henriette, geb. Krusche. Richard verbrachte Kindheit und Jugend bei einem kinderlosen Onkel, der Maurerpolier war. Nach dem Besuch der Volksschule machte Richard Förster eine Drechslerlehre und arbeitete danach in verschiedenen Städten. 1913 zog er nach Bremen und hatte zunächst eine Anstellung auf der Werft AG „Weser“. 1914 heiratete er Sophie Dorette Borrmann, geb. 5.2.1895 in Bremen. Deren Eltern waren Hinrich Borrmann und Sophie, geb. Vedder. Die Ehe von Richard und Sophie Dorette Förster blieb kinderlos.

Das Ehepaar besaß ein Dreifamilienhaus in der Liegnitzstraße 39, das es 1918 bezog. Richard Förster hatte dort seit 1921 eine Bau- und Möbeltischlerei eingerichtet und arbeitete als selbständiger Modelltischler. Auch seine Frau meldete später – nachdem ihr Mann verhaftet worden war und seine Einkünfte für Lebensunterhalt und Tilgung der Hauskredite fehlten – von 1935 bis 1940 ein Gewerbe als „Verkosterin“ an.

Richard Förster hatte sich schon in seiner Lehrzeit gewerkschaftlich organisiert, war zunächst SPD-Mitglied, trat 1919 aber in die KPD ein. Er wird als ein idealistischer und begeisterter Anhänger kommunistischer Ideen beschrieben. 1921 reiste er deswegen auch in die Sowjetunion. In der Einwohnermeldekartei ist als Wohnort Nischni-Nowgorod/ Wolga angegeben. Zeugen im späteren Prozess sprachen von ihm als einem wahrhaften Menschen, der gegenüber Vertretern anderer Ansichten und Überzeugungen durchaus tolerant gewesen sei. Auch Sophie Förster war seit 1920 Mitglied der KPD und der Roten Hilfe.

Am 10.11.1932 wurde Richard Förster wegen eines Sprengstoffattentats in Grambke vom Schwurgericht Bremen zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Er hatte den Sprengstoff hergestellt und galt als Haupttäter bei dem Anschlag, obwohl er bei der Ausführung des gegen die SA gerichteten Attentats nicht anwesend war. Der Anschlag war von der Polizei vereitelt worden, wobei der Polizeibeamte Talle durch einen unglücklichen Zufall ums Leben kam. Förster betonte vor Gericht, dass er keine Angriffszwecke verfolgt, sondern nur eine Abwehrwaffe gegen die vermehrten und brutaler werdenden NS-Angriffe im Sinn gehabt habe. Förster war von den Ereignissen tief erschüttert und brach während des Prozesses mehrmals in Weinkrämpfe aus.

Wie erbittert die Auseinandersetzung innerhalb der Linken noch zu diesem Zeitpunkt geführt wurde, kann man einem Kommentar der sozialdemokratischen Volkszeitung entnehmen, die von einer insgesamt „verkorksten Prozessführung“ der KPD sprach:

"Wenn nach diesem Prozess der Name KPD von der großen Mehrheit der Arbeiterschaft nur mit Ekel genannt werden kann, so mögen sich die hiesigen Kommunisten dafür bei ihren ebenso unfähigen wie gewissenlosen „Führern“ bedanken."

Nach Verbüßung seiner Strafe im Zuchthaus Bremen-Oslebshausen wurde Förster am 10.7.1940 sofort in „Schutzhaft“ genommen und ins Konzentrationslager Mauthausen überstellt. Ihm wurde die Häftlingsnummer 37 zugeteilt und als „Schutzhäftling“ aus Polen kategorisiert. Richard Förster starb dort nach vier Monaten am 10.11.1940. Die offizielle Todesursache lautete „Herzschwäche“. Häufig wurden Morde und Tötungen als „natürliche Todesursachen“ verschleiert. Die sterblichen Überreste der Häftlinge wurden ab 1940 in einer Masseneinäscherung im lagereigenen Krematorium verbrannt. Die Asche wurde von der SS in einer Aschenkippe nördlich des Lagers deponiert, manchmal auch als Füllstoff auf Lagerbaustellen verwendet oder in die Donau geschüttet.

Försters Witwe führte nach dem Krieg eine langwierige Auseinandersetzung um Entschädigung und Rente. Wegen „Nichtachtbarkeit der Tat“, auch wenn sie angesichts der folgenden Nazi-Schreckensherrschaft in einem anderen Licht erscheine, wurden ihre Anträge immer wieder abgelehnt – auch in Bezug auf die KZ-Haft nach verbüßter Strafe wegen des Sprengstoffdelikts. So heißt es in einem Aktenvermerk vom 23.3.1954: „Das Verbringen des Förster in das KZ Mauthausen ist eine in der damaligen Zeit (1940) übliche Sicherungsmaßnahme, die der erwiesenen Gemeingefährlichkeit Rechnung getragen hat und die insbesondere deswegen eine Staatsnotwendigkeit war, weil sich der Staat im Kriege befand, der schlechthin für jeden Staat eine Existenzfrage ist.“ 1957 wurde das Entschädigungsverfahren neu aufgerollt und der Antrag zu Gunsten von Försters Witwe entschieden.

Franz Dwertmann (2019)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E375, Einwohnermeldekartei
Bremer Volkszeitung vom 11.11.1932
Mauthausen Memorial/KZ-Gedenkstätte, Forschungsstelle
Hundertmark, Willy/Pfarr, Jakob (Hrsg.): Antifaschistischer Widerstand 1933-1945 in Bremen, Bremen 1974

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Politisch Verfolgte
Glossarbeitrag "Schutzhaft"
Glossarbeitrag Haftstätten in Bremen