Heinz Meyer, *1903
deportiert 1941
ermordet in Minsk
Bürgermeister-Smidt-Str./neben Ausfahrt Hochgarage
Bremen-Mitte
ehemalige Straßenbezeichnung: Kaiserstr. 14
Bürgermeister-Smidt-Str./neben Ausfahrt Hochgarage - Weitere Stolpersteine:
- Inge Goldschmidt
- Else Hirschfeld
- Helga Hirschfeld
- Hermann Hirschfeld
- Ilse Hirschfeld
- Sophie Meyer
- Alma-Ursel Salomon
- Ella Salomon
- Ida Salomon
- Leopold Salomon
Heinz Meyer
Familienbiografie
Sophie Meyer, geb. Salomon, gesch. Goldschmidt
Inge Goldschmidt
Heinz Meyer
Sophie Salomon (geb. 24.7.1902 in Hamburg) war das dritte Kind Albert Salomons (geb. 1870 in Hamburg) und seiner Frau Ida, geb. Rosenthal (geb. 1881 in Grevesmühlen). 1913 zog die Familie mit allen fünf Kindern von Hamburg nach Bremen, wo Albert Salomon in die Buch- und Zeitschriftenhandlung („Bremer Buch- und Zeitschriftenzentrale“) seines Bruders Siegfried (1873-1945) eintrat. Das Geschäft lag im Stadtzentrum in der Kaiserstraße 14 (heute Bürgermeister-Smidt-Straße), wo die Familie auch wohnte. Ida und Albert Salomon führten ein glückliches Familienleben, hatten ein offenes Haus, einen großen Freundeskreis und beteiligten sich intensiv am kulturellen Leben.
1923 heiratete Sophie Salomon den 1895 in Hoof (Krs. Kassel) geborenen Salli Goldschmidt, einen gut situierten Versicherungsvertreter. Das Ehepaar bezog in der Kaiserstraße 14 eine 5-Zimmer-Wohnung. Ende 1923 wurde die Tochter Lotte geboren, 1926 der Sohn Herbert und am 29.1.1929 die Tochter Inge. 1931 wurde die Ehe geschieden, nachdem Salli sich einer anderen Frau zugewandt hatte. Sophie blieb, von Salli unterstützt, mit den drei Kindern in der Wohnung. 1935 wanderte Salli mit seiner neuen Familie nach Südafrika aus, wo er in Johannesburg ein Versicherungsunternehmen aufbaute.
1935 wurde die Buchhandlung von den Behörden geschlossen; Sophies Vater Albert Salomon überlebte dies nur um zwei Jahre. Sophie Goldschmidt blieb mit ihren Kindern in der Kaiserstraße 14, wo auch ihr Bruder Leopold Salomon mit seiner Familie weiterhin lebte. Unterdessen waren Sophies Kinder mit Schwierigkeiten konfrontiert: Lotte durfte „aus rassischen Gründen“ keine höhere Schule besuchen und absolvierte nach Beendigung der Schule ein Haushaltsjahr im Jüdischen Altersheim. Herberts einziger Freund war sein Cousin Manfred Posener. Inge wurde im Frühjahr 1935 eingeschult. Sie besuchte die Michaelisschule, eine in der Straße Doventorsdeich gelegene Volksschule für Mädchen. In ihre Klasse ging auch Miriam Bialystock, die ganz in ihrer Nähe Am Brill 14 wohnte. Aber nach dem Novemberpogrom wurden alle jüdischen Kinder vom Besuch deutscher Schulen ausgeschlossen. Ende 1938 konnte die Israelitische Gemeinde Bremen Räume im Hause Kohlhökerstraße 6 als Gemeindezentrum nutzen und richtete dort auch einen Klassenraum für die Religionsschule ein. Mehr als 30 Kinder – darunter Inge Goldschmidt – wurden in dieser Schule unterrichtet.
Am 15.11.1938 nahm sich Sophies Mutter Ida Salomon nach dem Synagogenbrand in der Pogromnacht am 9./10. November und der Verwüstung des Rosenak-Hauses, in dem sie mit der Familie ihrer Tochter Clara Posener gewohnt hatte, in ihrer Verzweiflung das Leben.
Schon davor hatte sich Sophie Goldschmidt mit ihrem geschiedenen Mann darauf geeinigt, dass die ältere Tochter zu ihm nach Johannesburg ziehen sollte. Am 22.11.1938 begleitete Sophie ihre Tochter Lotte nach Hamburg an den Dampfer nach Südafrika. Als sie nach Bremen zurückkehrte, wartete schon der Vorstand der Israelitischen Gemeinde auf sie, um ihr mitzuteilen, dass für ihre Kinder Herbert und Inge Plätze in einem Kindertransport nach England bereit stünden. Wie Herbert Goldschmidt später bei einem Besuch in Bremen berichtet hat, sagte seine Mutter daraufhin: „Ich habe gerade von meiner ältesten Tochter Abschied genommen. Mein Sohn muss selber entscheiden, was er will. Aber ich gebe nicht alle drei Kinder her, nachdem ich jahrelang um sie gekämpft habe.“ Herberts Antwort, die ihm sein Leben lang keine Ruhe gelassen hat, war: „Ich glaube, ich muss weg, Mutti.“ So blieb Inge Goldschmidt in Bremen.
Am 27.9.1940 heirateten Sophie Goldschmidt und Heinz Meyer (geb. 4.11.1903 in Hamburg); sie kannten sich seit 1935, als er den von Sophie zusammen mit ihrer Schwägerin Ella Salomon betriebenen Mittagstisch besucht hatte.
Heinz Meyer war der Sohn von Sigmund Meyer und seiner 1873 in Hamburg geborenen Frau Margarethe geb. Milkuschütz. Er hatte eine ältere Schwester Herta Frieda Meyer (geb.1898) und einen jüngeren Bruder Rudolf John Meyer (geb.1911). Der Vater starb 1924.
Heinz Meyer besuchte die Realschule bis zum „Einjährigen“, absolvierte dann eine Lehre im Fell- und Häutegeschäft der Gebr. Stiel und war anschließend im Fell- und Häutegeschäft von Heinrich Brand angestellt. 1931 zog er nach Bremen, wohnte in der Gröpelinger Heerstraße und war in dem im Industriehafen gelegenen für importiertes Schlachtvieh bestimmten Seegrenzschlachthof in der Häutebearbeitung beschäftigt. Sein Beruf verschaffte ihm ein gutes Einkommen. Von Ende 1936 bis Anfang 1939 hatte er als selbständiges Gewerbe die „Bearbeitung von Häuten im Seegrenzschlachthof“ angemeldet. Nachdem Juden kein selbständiges Gewerbe mehr erlaubt war, war er von Juni 1940 bis August 1941 wieder Angestellter des Schlachthofs. Herbert Goldschmidt konnte sich im Alter noch gut an Heinz Meyer erinnern und hob seine Hilfsbereitschaft hervor. Heinz Meyer, Sophie Meyer und Inge Goldschmidt lebten in Bremen zuletzt in der Bürgermeister-Smidt-Straße 37 (heute Carl-Schurz-Straße).
Am 18.11.1941 wurde Sophie Meyer mit ihrem Mann Heinz Meyer und ihrer Tochter Inge Goldschmidt in das Ghetto Minsk deportiert. Dort wurden sie ermordet. Sie starben entweder im Winter 1941/42 an Kälte und Hunger oder fielen einer der im Juli 1942 einsetzenden Massenerschießungen zum Opfer.
Lotte Goldschmidt lebte seit Anfang 1939 bei ihrem Vater in Südafrika und zog später nach Israel; sie starb 2005 in Tel Aviv. Herbert Goldschmidt gelangte zunächst mit einem Kindertransport nach England und bald darauf zu seinem Vater nach Johannesburg. Im Alter zog er nach London. Am 9.11.2008 sprach er am Mahnmal für die Bremer Opfer der Reichspogromnacht und war Ehrengast bei der Nacht der Jugend im Bremer Rathaus. Er starb 2009.
Heinz Meyers Bruder Rudolf wanderte 1936 von Hamburg nach Palästina aus und lebte in einem Kibbuz. 1937 folgte ihm die Mutter. Seine Schwester Herta blieb in Hamburg, wurde am 25.10.1941 nach Lodz deportiert und ist verschollen.
Michael Cochu (2015)
Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E 9301/4, 4,54-E11211
Rohdenburg, Günther / Karl-Ludwig Sommer, Erinnerungsbuch für die als Juden verfolgten Einwohner Bremens, Bremen 2006
Rohdenburg, Günther (Bearb.), „Judendeportationen“ von Bremerinnen und Bremern während der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, Bremen 2006
Abbildungsnachweis: Privatbesitz (Sophie Meyer mit ihren Kindern Inge, Herbert u. Lotte 1938)
Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Novemberpogrom
Glossarbeitrag Kindertransporte
Glossarbeitrag "Judenhäuser"
Glossarbeitrag Minsk

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