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August König, *1873

Eingewiesen 1930 Bremer Nervenklinik, "verlegt" 9.12.1943 Heilanstalt Meseritz
Ermordet 23.12.1943


Hinter der Holzpforte 2
Bremen-Mitte

Verlegedatum: 30.09.2014

August König


August König wurde am 10.10.1873 in Bremen geboren. Sein Vater war Trinker gewesen und hatte ihn schon früh an den Alkohol gewöhnt. Nach der Schule machte August eine Lehre als Schuhmacher, hatte jedoch in diesem Beruf nie recht Fuß fassen können. So war er Hilfsarbeiter, eine Zeitlang auch Hausmeister, verlor aber diese Stelle vermutlich wegen seines Alkoholmissbrauchs. Mit Gelegenheitsarbeiten sowie Boten- und Hilfsar­beiten auf dem Markt konnte er sich finanziell viele Jahre über Wasser halten. Für zwei Jahre war er Mitglied bei den Guttemplern (internationaler, nichtkonfessioneller Suchts­elbsthilfeverein), musste dann aber wegen eines Rückfalls ausscheiden.

Seine Mutter, die ihm einen gewissen Halt gegeben hatte, starb, als er fünfundfünfzig Jahre alt war. Danach verwahrloste er so sehr, dass er zwei Jahre später auf Veranlas­sung der Trinkerfürsorge aus seiner Unterkunft genommen und im Krankenhaus ent­laust wurde. Im Anschluss wurde er in die Nervenklinik verlegt und dort in der Kartof­felschälerei beschäftigt. Mehrere Jahre lang war er auch in „Landpflege“ (d. h. in einem landwirtschaftlichen Privathaushalt) untergebracht, arbeitete jedoch meist noch in der Klinik. 1935 wurde er entmündigt. Ein sehr gutmütiger Kranker, der niemals Wünsche oder Beschwerden äußere, so wird er im Krankenblatt 1930 beschrieben und „Fleißiger Hausarbeiter, macht kleine Besorgungen in der Stadt“ (17.6.1943).

Ende November 1943 wurde die Bremer Nervenklinik durch Bombardierung erheblich beschädigt. Nicht arbeitsfähige und pflegebedürftige Patienten (mehr als dreihundert) wurden in einem Sonderzug (Dritte-Klasse-Wagen der Reichsbahn, z. T. ohne Heizung) am 9.12.1943 in einer achtzehnstündigen Fahrt von Bremen in die „Heil- und Pflegean­stalt“ Meseritz-Obrawalde transportiert. Die Anstalt Meseritz-Obrawalde, 60 km östlich von Frankfurt/Oder gelegen, war seit den 1940er Jahren eine Tötungsanstalt für kranke, behinderte und alte Menschen aus ganz Deutschland. Sie wurden durch ausbleiben­de Pflege, Nahrungsentzug, vor allem aber mit Spritzen umgebracht. 266 Patienten aus dem Bremer Transport überlebten den Aufenthalt dort nicht.

Auch August König gehörte zu ihnen. Am 23. Dezember 1943 war er tot. „Altersschwä­che“ wurde als pro-forma-Todesursache angegeben. Er wurde 70 Jahre alt.

Wolfgang Smitmans (2015)

Informationsquellen:
Archiv Klinikum Bremen-Ost, Kranken-Geschichte August König
Engelbracht, Gerda: Der tödliche Schatten der Psychiatrie, Bremen 1997
Klee, Ernst: „Euthanasie“ im Dritten Reich, Frankfurt a. M. 2010

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Euthanasie" / Zwangssterilisation
Glossarbeitrag "Heilanstalten"