Wilhelm Moormann, *1868
EINGEWIESEN 1943 BREMER NERVENKLINIK, "VERLEGT" 9.12.1943 "HEILANSTALT" MESERITZ-OBRAWALDE
ERMORDET 8.1.1944
Kornstraße 45
Bremen-Neustadt
Verlegedatum: 20.10.2025
Wilhelm Moormann

Wilhelm Moormann war der Sohn des Anbauers Wichen Moormann (geboren am 29.1.1834 in Erichshof als Sohn des Häuslers Johann Hinrich Moormann und dessen Ehefrau Adelheid Wetjen, gestorben am 18.1.1909) und Anna Catharine Lütjen (geboren am 12.8.1830 in Leeste als Tochter des Brinksitzers Heinrich Lütjen und dessen Ehefrau Anna Catharine Meyer). Seine Eltern wurden am 25.4.1859 in der Marienkirche zu Leeste getraut.
Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor:
Adelheid Moormann, geboren 15.12.1859, gestorben 8.11.1916 in Erichshof als Witwe des Friedrich Voßmeyer, Erichshof; Heinrich Moormann, geboren 8.3.1862; Johann Heinrich Moormann, geboren 28.12.1865; Wilhelm Moormann, geboren 13.2.1868; Anna Moormann, geboren 27.8.1873, gestorben 6.1.1902 als Ehefrau des Gastwirts Georg Heinrich Böttcher, Erichshof.
Im August 1882 kam er als 14jähriger von Erichshof nach Bremen. Am 13.5.1896 heiratete er Anna Sophie, geb. Lehmkuhl, geboren 15.10.1864 in Gödesdorf (Krs. Syke). Sie war seit April 1889 in Bremen ansässig.
Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Johann Diedrich Wilhelm (geboren 10.9.1897, verstorben 13.8.1952, auf dem Friedhof Buntentor beigesetzt), Adelheid Anna Marie (geboren 1.11.1898, verstorben 13.3.1973, auf dem Friedhof Buntentor beigesetzt) und Friedrich Heinrich, Reichsbankbeamter, (geboren 27.3.1900, verstorben 19.3.1960 in Hannover, beigesetzt auf dem Friedhof Riensberg), verh. seit 9.4.1927 mit Agnes Johanna Pauline, geb. Boche (geboren 7.7.1901 in Ostafrika, verstorben 23.11.1988).
Als Beruf von Wilhelm Moormann wird Krämer, Geschäftsführer oder Lagerhalter angegeben.
Seit Oktober 1909 wohnte das Ehepaar in einem Eigenheim in Bremen-Neustadt, in der Kornstraße 45. Hier befand sich auch über lange Zeit sein Kolonialwaren & Delikatessen – Wilhelm Moormann-Geschäft, das als eine Verkaufsstelle des Konsum- und Wirtschafts-Vereins A.G. firmierte. Der Verein war ein Vorläufer der späteren Brema.
Die Ehefrau von Wilhelm Moormann, Anna Sophie, starb am 17.2.1937 und wurde auf dem Friedhof Buntentor beerdigt.
Sechs Jahre nach dem Tod seiner Ehefrau erlitt Wilhelm Moormann 75jährig einen Schlaganfall. Am 4.11.1943 wurde er aus dem Ausweichkrankenhaus Rotenburg/Wümme in die Bremer Nervenklinik überwiesen. Er litt nun noch an den Folgen des Schlaganfalls und war pflegebedürftig. In der Überweisung aus dem Ausweichkrankenhaus stand des Weiteren, dass er „senil dement“ gewesen sei. Zudem litt er an einer Lungenentzündung. Außerdem sei er wegen psychischer u. motorischer Unruhe in einem Krankenhaus „zur weiteren Behandlung hier nicht geeignet“.
In der Nervenklinik in Bremen wurde am 6. November als „psychischer Befund“ zudem diagnostiziert, dass er „unsicher orientiert“, „leicht deprimiert“ sei und unter einer „Gedächtnis- u. Merkfähigkeitsschwäche“ leide.
Dieser „Befund“ genügte, um ihn am 9.12.1943 – nach der Bombardierung der Bremer Nervenklinik – zusammen mit 307 Frauen und Männern in die „Heil- und Pflegeanstalt“ Meseritz-Obrawalde zu überführen. Vom Güterbahnhof startend, sei es „der jammervollste und skandalöseste Zug, der je Bremen … verlassen hat“, gewesen. Die PatientInnen hatten einen Zettel mit ihren Personalien um den Hals und fuhren 18 Stunden ohne eine Toilette in einem Zug, in dem nur die ersten zwei Waggons beheizt werden konnten. Die PatientInnen saßen auf Matratzen oder Holzbänken ohne Licht in den Waggons.
Seit 1942 begannen in der „Heil- und Pflegeanstalt“ Meseritz-Obrawalde gezielte Patiententötungen. Die Ermordungen fanden in speziellen „Sterbezimmern“ statt.
Wilhelm Moormann starb am 8.1.1944. Er gehörte zu der großen Gruppe der über 66jährigen, die 42 % der gesamten Bremer PatientInnen ausmachte. Ein Teil von ihnen war wegen der Kriegsauswirkungen und weil die pflegenden Angehörigen überlastet waren, in die Bremer Nervenklinik eingewiesen und in Meseritz-Obrawalde getötet worden.
Die Todesursache ist nicht bekannt. Es ist jedoch bekannt, dass den Angehörigen „natürliche“ Todesursachen vorgetäuscht wurden, wie Altersschwäche, Herzschwäche, Erschöpfung, Lungenentzündung oder Darmgrippe.
Die Leiche Wilhelm Moormanns wurde zunächst in die Leichenhalle geschafft. Von dort kam sie in das Krematorium in Frankfurt/Oder, wo sie am 20.1.1944 eingeäschert und die Asche der Familie zugestellt wurde. Am 18.2.1944 wurde die Urne auf dem Bremer Friedhof Buntentor neben seiner Ehefrau Anna Sophie beigesetzt. Das Familiengrab existiert nicht mehr.
Dr. Hans Hesse, Dr. Elke Purpus (2025)
Informationsquellen:
Ev.--luth. Pfarrarchiv Leeste, „Geburts- und Taufbuch der Parochie Leeste für die Zeit vom 1. Januar 1868 bis 31. December 1875“ S. 2, Jg. 1868, Nr. 11; Ev.-luth. Pfarrarchiv Leeste, "Aufgebots- und Trauungsbuch der Parochie Leeste für die Zeit vom 1. Januar 1853 bis 31. Dezember 1888“, S. 32, Jg. 1859, Nr. 5; StA Bremen Einwohnermeldekartei; Krankenakte im Archiv des Krankenhaus-Museums (Kulturambulanz)
Abbildungsnachweis: Privatbesitz
Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Euthanasie" / Zwangssterilisation
Glossarbeitrag "Heilanstalten"

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