Biografie im Erinnerungsportal, kein Stolperstein vorhanden
Elisabeth Wilkens, geb. Berg, *1863
Seit 1913 Bremer Nervenklinik, 1943 "verlegt" Heilanstalt Meseritz-Obrawalde, ermordet 20.3.1944
Klinikum Bremen Ost
Bremen-Osterholz
ehemalige Straßenbezeichnung: Bremer Nervenklinik
Elisabeth Wilkens
Elisabeth Wilkens, geb. Berg, wurde am 28.2.1863 in Lübeck als Tochter von Elisabeth, geb. Petersen, und Gustav Berg geboren. Sie heiratete am 19.7.1882 in Pötrau bei Hamburg den Gymnasialprofessor Friedrich Christian Wilkens (geb. 1852). Das Ehepaar bekam zwei Söhne: Johannes (geb.1983 in Bremen), das Geburtsdatum des jüngeren Sohnes Paul ist nicht bekannt. Die Familie wohnte zunächst in der Besselstrasse 48.
Der Ehemann von Elisabeth Wilkens starb 1923. Zu diesem Zeitpunkt lebte er in der Besselstrasse 68. Später wohnte hier Sohn Johannes mit seiner Familie.
Elisabeth Wilkens Leidensweg begann 1905 als sie erstmals mit der Diagnose des damaligen Verständnisses: „schwere Hysterie“, in einer städtischen Krankenanstalt (Luftkurhaus) eingeliefert wurde. Zunächst war von einer Überführung in das St. Jürgen Asyl aus familiären Gründen Abstand genommen worden. Von 1910-1912 war dies nicht mehr zu vermeiden gewesen. Es kam zu einer Einweisung in das St. Jürgen Asyl in Ellen.
Ab dem 6.6.1913 war Elisabeth Wilkens – nur mit einer Unterbrechung von Januar bis Juni 1913 im Sanatorium Dr. Benning – in der Nervenklinik an der Ellener Dorfstrasse 1/11 untergebracht. Sie blieb dort 30 Jahre bis sie nach der Bombardierung der Bremer Nervenklinik nach Meseritz-Obrawalde am 9.12.1943 "verlegt" wurde.
In der Krankenakte sind viele langseitige Briefe hinterlegt, die Elisabeth Wilkens an die Ärzte der Klinik schrieb, um auf ihr Befinden, ihre Definition ihres Leidens und ihre Wünsche an die Behandlung aufmerksam zu machen. Über die Jahrzehnte ihrer Unterbringung wird eine zunehmende soziale Isolation deutlich. Sie wurde, auch auf ihren Wunsch hin, in Privatzimmern untergebracht, wollte keine Visiten, keine Besuche und erledigte ihre Wäsche selbst.
In einem letzten Brief vom 8./10.3.1944 aus Meseritz-Obrawalde, adressiert vermutlich an einen Verwandten in Dresden, der jedoch nicht abgeschickt wurde, schilderte Elisabeth Wilkens eindrücklich und einmalig in dieser persönlichen Aufzeichnung, die entwürdigenden Umstände der Verlegung nach Meseritz am 10.12.1943. Ihre Sonderstellung als Privatpatientin („bin eine Separatkranke und nicht geistesgestört“) hatte sie nicht schützen können. In ihrem Brief wies sie daraufhin, dass ihr Sohn bei seinem Besuch in Meseritz-Obrawalde Mitte Januar 1944 bewirken konnte, dass sie noch ein Zimmer für sich allein bekam.
Zehn Tage nach dem mit zittriger, aber sehr feiner Schrift geschriebenem Brief starb Elisabeth Wilkens am 20.3.1944 mit 81 Jahren. Als Todesursache wurde in der Krankenakte angeblich tödlicher Schlaganfall („Ext.let.Apoplexie“) angegeben.
Petra Nothaft (2025)
Informationsquellen:
StA Bremen Einwohnermeldekartei
Engelbracht, Gerda: Der tödliche Schatten der Psychiatrie, Die Bremer Nervenklinik 1933-45,
Bremen 1995
Krankenhaus-Ost Archiv
Krankenhaus-Museum Dauerausstellung
Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Euthanasie" / Zwangssterilisation
Glossarbeitrag "Heilanstalten"

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