August Deichmann, *1880
deportiert 1941
ermordet in Minsk
Daniel-von-Büren-Str. 54
Bremen-Mitte
ehemalige Straßenbezeichnung: Kaufmannsmühlenkamp 5
Daniel-von-Büren-Str. 54 - Weitere Stolpersteine:
- Fredy Deichmann
- Minna Deichmann
- Charlotte Flamm
- Hanni Flamm
- Netti Flamm
- Rifka-Laja Flamm
- Herbert Gärtner
- Jenny Gärtner
- Max Gärtner
- Otto Gärtner
- Thea Gärtner
- Inge Grün
- Julius Grün
- Netti Grün
- Hersch Oliver (Oliwer)
- Margin Oliver (Oliwer)
August Deichmann
Familienbiografie
August Deichmann
Minna Deichmann, geb. Kahn
Fredy Deichmann
August Deichmann, geb. am 5.6.1880 in Hoya, wohnte von 1909 bis 1941 in Syke. Der Kaufmann (Rohprodukten- und Tabakwarenhändler) war verheiratet mit Melanie Kahn, genannt Minna, geb. am 18.7.1880 in Bous (Luxemburg). Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor, beide geboren in Syke: der Sohn Fredy am 30.12.1910 und die Tochter Ruth am 15.10.1913. Der junge Vater kaufte 1912 in Syke das Anwesen Nienburger Straße 15 als Geschäfts- und Wohnsitz. Seinen Firmensitz konnte er damit an die von Bremen über Nienburg nach Hannover führende Fernstraße verlegen. Das Familienglück wurde durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges getrübt. August Deichmann wurde Soldat und kam an die Front. Mit schweren Kopfverwundungen kehrte er nach Syke zurück.
Der Sohn Fredy begann nach Schulabschluss im Jahr 1925 eine kaufmännische Ausbildung, Bürgersteuerlisten der Stadt Syke weisen ihn um 1932 als Kaufmann aus. Über seine berufliche Laufbahn ist wenig bekannt. Im Jahr 1934 bescheinigte der Vater August Deichmann, dass sein Sohn in seinem Geschäft tätig sei. Die Tochter Ruth lebte nach Schulabschluss im Jahr 1928 als Haustochter bei den Eltern.
Im Zuge der Ereignisse der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden August und Fredy Deichmann festgenommen und in das Konzentrationslager Buchenwald eingeliefert. Im Dezember 1938 wurde August Deichmann entlassen, sein Sohn erst im April 1939. Am 28. Dezember meldete August Deichmann sein Gewerbe ab. Auf sein Haus musste er eine Sicherungshypothek aufnehmen, da er zur „Judenvermögensabgabe“ herangezogen wurde, die die Nazis als „Sühneleistung“ für die in der Pogromnacht entstandenen Schäden bezeichneten. Im Januar 1941 hatte er diese Forderung des Reichs beglichen. Wovon die Familie lebte, ist unklar; vermutlich lediglich vom Lohn, den Fredy als zwangsverpflichteter Bauarbeiter erhielt. Akten dazu sind nicht erhalten.
Im Oktober 1941 wurden August, Minna und Fredy Deichmann zur Deportation in den Osten für November 1941 aufgerufen. Am 2.11.1941 zogen sie nach Bremen, wo bereits Tochter bzw. Schwester Ruth lebte. Hier wurden sie in das „Judenhaus“ Kaufmannsmühlenkamp 5 (heute Daniel-von-Büren-Straße 54) eingewiesen. Nur wenige Wochen später - am 18.11.1941 - wurden sie von hier aus in das Ghetto Minsk deportiert. Die Tochter Ruth hatte im März 1941 den Maschinisten Fritz Obermeier geheiratet und wohnte mit ihm seitdem in Bremen in der Wartburgsburgstraße 31/33. Auch sie wurden nach Minsk deportiert.
Hermann Greve schreibt: Mit der für sie bedrückenden Erkenntnis, um so gut wie alle materiellen Dinge gebracht worden zu sein, für die sie ein halbes Leben gearbeitet hatten, traten Minna und August Deichmann am 18. November 1941 den Weg in die Deportation an, gefolgt von ihrem Sohn, ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn. Keiner von ihnen sollte überleben."
Im November 1941 waren aus Bremen und dem Regierungsbezirk Stade ca. 570 Männer, Frauen und Kinder nach Minsk deportiert worden, die meisten fielen einer der zahlreichen Massenmordaktionen zum Opfer. Bei der Auflösung des Ghettos Minsk im September 1943 lebten nur noch sehr wenige junge, arbeitseinsatzfähige Männer, unter ihnen Fredy Deichmann. Sie wurden in Lager bei Lublin und von dort in das Konzentrationslager Plaszow bei Krakau geschafft, nach dessen Auflösung in das Konzentrationslager Flossenbürg. Hier trafen am 4.8.1944 über 2.700 Häftlinge ein, in der Zugangsliste steht Fredy Deichmann mit der Häftlingsnummer 14387. Er wurde in das Außenlager Hersbruck überstellt, dessen KZ-Häftlinge ein Stollensystem in einen Berg graben mussten. In diesem Außenlager starb er am 6.11.1944. Er wurde 34 Jahre alt.
In Syke erinnern beim ehemaligen Hausgrundstück Nienburger Straße 15 Gedenksteine an August Deichmann, seine Ehefrau Minna, seinen Sohn Fredy und seine Tochter Ruth Obermeier, geb. Deichmann.
Barbara Johr ( 2015)
Quellen :
StA Bremen Einwohnermeldekartei
Greve, Hermann: „Stolpersteine“ - Der Erinnerung einen Namen geben, Syke 2007, S. 44-55
Archiv Flossenbürg Transport- und Zugangslisten
Abbildungsnachweis: Staatsarchiv Bremen
Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Judenhäuser"
Glossarbeitrag Minsk