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Moses Elstein, *1870

Flucht 1934 nach Holland
Schicksal unbekannt


Franz-Liszt-Str. 11a
Bremen-Schwachhausen


Franz-Liszt-Str. 11a - Weitere Stolpersteine:


Moses Elstein


Familienbiografie
Moritz Ellstein
Emma Ellstein, geb. Rosenbaum
Edgar Ellstein

Der in Odessa geborene Moses (genannt Moritz) Ellstein war 24 Jahre alt, als er die Bremerhavenerin Emma Rosenbaum (geb. 7.4.1869 in Bremerhaven) im August 1894 in Bremen heiratete.

Moritz Ellsteins berufliche Entwicklung führte ihn von Bremen fort. Es ist nur wenig über seinen Lebensweg bekannt. Das Paar bekam in Osnabrück Tochter Lea Erna (1896), in Kassel wurden die Söhne Pinches Julius (1898) und Edgar (1900) geboren. Über mehr als 30 Jahre blieb die Familie in Kassel. Moritz Ellstein arbeitete als Geschäftsführer. Er war polnischer Staatsangehöriger. Zu Beginn der 1920er Jahre beantragte er für sich und seine Familie die preußische Staatsangehörigkeit und wurde eingebürgert. 1931 kehrten Moritz und Emma Ellstein nach Bremen zurück, wo er ebenfalls als Geschäftsführer tätig war. Die Familie wohnte in der Franz-Liszt-Straße 11a; Tochter Lea war Eigentümerin des Hauses. Sie war seit 1920 mit dem Viehhändler Albrecht Meyer (geb. 1878 in Elsfleth/Bardewisch) verheiratet. Bis zu ihrer Heirat lebte sie in Kassel und arbeitete dort als Haustochter. Nach der Heirat fand das Paar seinen Lebensmittelpunkt in Delmenhorst. Ihre einzige Tochter Ingeborg wurde hier geboren. Sie zogen 1931 nach Bremen in das eigene Haus. Das Haus war groß genug für zwei Familien, mit Erdgeschoss und zwei Stockwerken, einem Garten mit„Zwergobst und Blumenrabatten“.

1933 zog auch Sohn Edgar Ellstein hier ein. Bis dahin hatte er in Berlin gelebt. Vieles deutet darauf hin, dass die Familie die Emigration plante: Edgar zahlte die Reichsflucht- steuer und verließ Bremen bereits im September 1933 in Richtung Amsterdam. Tochter Lea übergab 1934 die Verwaltung (Vermietung und Instandhaltung) ihrer Immobilie einem Rechtsanwalt. Im Juni 1934 verließ sie mit Mann und Tochter Deutschland und wanderte über Amsterdam nach Chile aus. Inzwischen über 60 Jahre alt, blieben Moritz und Emma Ellstein zunächst in Bremen. Sie teilten das Los mit vielen anderen Juden in Deutschland, denn im Mai 1934 wurde ihre Einbürgerung widerrufen. Damit galten sie als staatenlos. Das Ehepaar bereitete die Emigration vor und reiste im September 1934 nach Den Haag. Hier verliert sich seine Spur.

Nach seiner Emigration etablierte Sohn Edgar sich in den Niederlanden. Er war Kaufmann und arbeitete in Amsterdam als „Konfectionär“. Er heiratete Gerda Hirschsprung (geb. 1914 in Dortmund) und bekam mit ihr den Sohn Michael. Die Familie lebte in Amsterdam am Olympiaplein 172. Edgar Ellstein wurde am 15.3.1943 in „Schutzhaft“ genommen und am 26.3. in das Konzentrationslager Vught-Hertogenbosch gebracht. Im März 1944 kam er ins Durchgangslager Westerbork und wurde umgehend in das KZ Auschwitz deportiert. Ermordet wurde er, der die Häftlingsnummer 175595 trug, im Außenkommando Gleiwitz. Er wurde 44 Jahre alt.

Seine Frau Gerda wurde wenige Tage nach seiner Festnahme ebenfalls inhaftiert. Sie und ihr Sohn Michael kamen ebenfalls nach Vught. Dort starb Michael 1943. Gerda Ellstein sagte im Rahmen des Entschädigungsverfahrens Anfang der 1950er Jahre aus, sie sei „von Auschwitz und verschiedenen Zwischenlagern nach Schweden ausgetauscht“ worden. Vermutlich war daher das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück ihre letzte Station. Bei Verhandlungen am 15.4.1945 mit dem Schwedischen Roten Kreuz hatte Himmler der Organisation gestattet, alle Frauen aus dem KZ Ravensbrück nach Schweden zu bringen. Rund 7.000 Frauen – überwiegend aus Frankreich, Belgien, Holland, Tschechien und Polen – kamen dadurch in Sicherheit. Unter ihnen waren 1.607 Jüdinnen. Gerda Ellstein überlebte, heiratete 1946 zum zweiten Mal und starb am 6.5.1951.

Verfasserin: Kornelia Renemann (2017)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E3941, 4,54-Ra498, 4,54-Ra170, Einwohnermeldekartei
StA Delmenhorst Heiratsurkunde 1920/277a
International Tracing Service (ITS) Bad Arolsen
www.joodsmonument.nl: Records concentration camp Vught, Sterbebuch 1943 (Stand 5/2016) www.wikipedia.org: Rettungsaktion der Weißen Busse (Stand 7/2016)
Königlich Dänisches Ministerium des Äußeren und Museum des Dänischen Widerstandes 1940-45, Oktober 1943, Die dänischen Juden – Rettung vor der Vernichtung, Dänemark 1993

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Westerbork